Die Landesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz Thüringen beobachtet mit Sorge einen Anstieg von Fällen, in denen Kinder und Jugendliche selbst zu Tätern sexualisierter Gewalt werden. Wie die Geschäftsführerin des Vereins, Susan Schmidt, mitteilte, verzeichneten die Kinder- und Jugendschutzdienste in Thüringen im Vergleich zum Vorjahr 2022 einen Anstieg der Anfragen zu solchen Fällen um fast 40 Prozent. Dies berichtet die Deutsche Presse-Agentur (dpa) am 25. November 2024. Wie die Zeit berichtet, sieht die Landesarbeitsgemeinschaft neben den wachsenden Fallzahlen sexualisierter Gewalt auch diese Entwicklung als besorgniserregend an.
Dieser Trend unterstreicht den dringenden Bedarf an spezialisierten Anlaufstellen, die sowohl mit den betroffenen Opfern als auch mit den übergriffigen Kindern und Jugendlichen arbeiten. Übergriffe ereignen sich in verschiedenen Kontexten, darunter Institutionen, Familien und im Umfeld der Minderjährigen selbst. Laut Schmidt decken die bestehenden Strukturen in der Jugendhilfe diese notwendige Arbeit jedoch kaum ab. Ein Ausbau und eine bessere Vernetzung der spezialisierten Angebote seien daher unerlässlich.
Die polizeiliche Kriminalstatistik deutet ebenfalls auf eine Zunahme von Straftaten durch Kinder hin. Der Anteil von Kindern unter den ermittelten Tatverdächtigen lag im vergangenen Jahr bei 5,2 Prozent (rund 3.000 Kinder). Im Jahr 2019 waren es noch 3,6 Prozent (etwa 2.600 Kinder). Seitdem ist der Anteil kontinuierlich gestiegen. Es ist wichtig zu beachten, dass Kinder unter 14 Jahren in Deutschland als schuldunfähig gelten und somit nicht strafrechtlich belangt werden können. Dennoch können familienrechtliche Konsequenzen, wie beispielsweise die Unterbringung in einem Heim, ergriffen werden.
Am 25. November 2024 fand in Erfurt eine Fachtagung der Landesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz Thüringen statt, an der über 250 Fachkräfte aus der Kinder- und Jugendhilfe, Schulen und Kindergärten teilnahmen. Der Fokus lag darauf, wie Kindern und Jugendlichen, die sexualisierte Gewalt erfahren haben, effektiv geholfen werden kann. Die Tagung markierte gleichzeitig das 30-jährige Bestehen der Kinder- und Jugendschutzdienste in Thüringen.
Experten betonen, dass sexuelle Übergriffe unter Kindern nicht zwangsläufig mit einer Zunahme von tatsächlichen Vorfällen gleichzusetzen sind. Vielmehr spielen eine veränderte Wahrnehmung und eine gestiegene Sensibilisierung für das Thema eine Rolle. Was früher möglicherweise bagatellisiert oder gar nicht erst als Übergriff erkannt wurde, wird heute als solcher benannt und thematisiert. Dies führt zu einer höheren Anzahl gemeldeter Fälle und einer stärkeren Auseinandersetzung mit dem Thema in der Öffentlichkeit und den Fachkreisen.
Besonders im Kita-Alter ist ein sensibler Umgang mit dem Thema der kindlichen Sexualität von großer Bedeutung. Junge Kinder befinden sich in der sexuellen Entwicklung und benötigen Orientierung und Begleitung durch Bezugspersonen. Es ist wichtig, ihnen die Bedeutung von körperlicher Selbstbestimmung, Respekt vor den Grenzen anderer und den Wert des eigenen Körpers zu vermitteln. So kann ein gesundes Verständnis von Sexualität gefördert und das Risiko von Übergriffen minimiert werden.
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