Die Sehnsucht nach einem unberührten Paradies, einem Ort des Friedens und der Harmonie, ist tief in der menschlichen Psyche verankert. Im Himalaya, dem gewaltigen Gebirgsmassiv Asiens, verorten viele Kulturen seit Jahrhunderten solche mythischen Orte. Die buddhistische Tradition spricht von Shambhala, einem verborgenen Königreich in Tibet, dessen Bewohner in tiefer Eintracht leben. Wie Rainer Hank in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (F.A.S.) berichtet, ranken sich Legenden um dieses Paradies, das nur spirituell Gereinigten zugänglich sein soll.
Die Faszination für diese Vorstellung inspirierte auch den britischen Schriftsteller James Hilton zu seinem 1933 erschienenen Roman „Der verlorene Horizont“. Darin beschreibt er Shangri-La, ein idyllisches Tal im Himalaya, in dem die Menschen ein außergewöhnlich langes Leben in Frieden und Harmonie führen. Wie National Geographic berichtet, diente Hilton dabei unter anderem die Region Yunnan im Südwesten Chinas als Inspiration. Der Botaniker Joseph Rock hatte in den 1920er und 30er Jahren ausführlich über seine Reisen in dieser abgelegenen Region berichtet. Hiltons Roman und die spätere Verfilmung durch Frank Capra lösten eine wahre Shangri-La-Begeisterung im Westen aus.
Im Jahr 2001 nutzte die chinesische Regierung die anhaltende Popularität des Mythos und benannte den Kreis Zhongdian in der Provinz Yunnan offiziell in Shangri-La um. Ziel war es, den Tourismus in dieser Region anzukurbeln. Wie die Rheinische Post berichtet, ist Yunnan eine Provinz von außergewöhnlicher landschaftlicher und kultureller Vielfalt. Von den Ausläufern des Himalayas im Norden bis zu den tropischen Dschungelgebieten im Süden bietet die Region eine Vielzahl unterschiedlicher Lebensräume für Pflanzen und Tiere. Auch die kulturelle Vielfalt ist beeindruckend: Zahlreiche ethnische Minderheiten haben hier ihre Traditionen und Lebensweisen bewahrt.
Doch die zunehmende touristische Erschließung Shangri-Las hat auch ihre Schattenseiten. Der einstige Mythos eines unberührten Paradieses droht im Trubel des Massentourismus zu verblassen. Die Gratwanderung zwischen dem Erhalt der traditionellen tibetischen Kultur und den wirtschaftlichen Interessen des Tourismus gestaltet sich schwierig. Ähnlich wie im österreichischen Nationalpark Neusiedler See, der laut F.A.S. mit den Herausforderungen des Klimawandels zu kämpfen hat, stellt sich auch in Shangri-La die Frage nach einem nachhaltigen Umgang mit den natürlichen und kulturellen Ressourcen.
Die Suche nach dem verlorenen Paradies im Himalaya führt letztlich zu der Erkenntnis, dass es sich dabei um eine Projektion menschlicher Sehnsüchte handelt. Ob im fiktiven Shangri-La, im realen Yunnan oder im Hunzatal in Pakistan, das Hilton laut Wikipedia als Inspiration diente – die Faszination für diese Orte liegt in der Vorstellung von einem Leben in Harmonie mit der Natur und den Mitmenschen. Die Herausforderung besteht darin, diese Werte auch in einer globalisierten Welt zu bewahren.
Quellen: - https://www.faz.net/aktuell/reise/shangri-la-fuer-alle-reise-in-den-chinesischen-himalaya-110111900.html - http://teamll-groenland.de/?page_id=505 - https://de.wikipedia.org/wiki/Shangri-La - https://www.nationalgeographic.de/reise-und-abenteuer/shangri-la-ein-ort-der-sehnsucht - https://rp-online.de/leben/reisen/yunnan-das-andere-china_aid-14122745 - https://www.nzz.ch/article8TAX1-ld.254512 - https://web.de/magazine/wissen/mystery/mystery-verborgene-paradies-shangri-la-32364834 - https://de.wikipedia.org/wiki/In_den_Fesseln_von_Shangri-La