Spatzen, bekannt für ihr lebhaftes Sozialverhalten und das unentwegte Gezwitscher in großen Gruppen, scheinen im Alter ihre sozialen Kontakte zu reduzieren. Ähnlich wie beim Menschen lässt die Anzahl der engen Freundschaften im Alter nach, wie ein Forschungsteam im Fachjournal „Philosophical Transactions B“ der britischen Royal Society berichtet (dpa, 02.11.2024). Die Forschenden vermuten, dass jüngere Spatzen für ihren Erfolg im Leben, insbesondere den Bruterfolg, auf Freundlichkeit angewiesen sind, während ältere Spatzen evolutionär betrachtet "granteln" können, ohne dadurch Nachteile zu erleiden.
Die Studie profitierte von einem besonderen Forschungsprojekt auf der kleinen britischen Insel Lundy. Dort wird seit dem Jahr 2000 das Leben jedes einzelnen Haussperlings (Passer domesticus) vom Schlüpfen bis zum Tod dokumentiert. Da sich junge und alte Spatzen äußerlich kaum unterscheiden – weder graue Federn noch Falten geben Aufschluss über das Alter – war diese Langzeitdokumentation essentiell für die Studie. Zwischen 2013 und 2017 sammelten die Forschenden detaillierte soziale Daten, indem sie die Interaktionen der Vögel an videoüberwachten Futterstellen beobachteten. Insgesamt werteten sie über 1.600 Beobachtungen von 615 Spatzen im Alter von bis zu sieben Jahren aus (GEO, o.D.).
Die Ergebnisse zeigen, dass die durchschnittliche Anzahl an "Freunden" pro Spatz mit zunehmendem Alter abnimmt. Als "Freund" definierten die Wissenschaftler Artgenossen, mit denen ein bestimmter Spatz regelmäßig beobachtet wurde. Der Rückgang der Sozialkontakte lässt sich teilweise dadurch erklären, dass gleichaltrige Artgenossen im Laufe der Zeit verstarben. Allerdings knüpften ältere Spatzen nicht nur weniger neue Bekanntschaften, sie verloren auch den Kontakt zu bestehenden Freunden (Stern, 02.11.2024).
Studienleiterin Julia Schroeder vom Imperial College London erklärt, dass das Knüpfen von Freundschaften, insbesondere mit dem anderen Geschlecht, jungen Spatzen einen evolutionären Vorteil verschafft, da es zum Bruterfolg beiträgt (Zeit Online, 02.11.2024). Sobald die Fortpflanzungsphase abgeschlossen ist, scheint Unfreundlichkeit jedoch keine evolutionären "Kosten" mehr zu verursachen. Schroeder spekuliert, dass dieser Mechanismus auch beim Menschen eine Rolle spielen könnte. Ältere Menschen könnten mit zunehmendem Alter weniger motiviert sein, neue Freunde zu finden. In Kombination mit dem Verlust von gleichaltrigen Freunden durch Tod könnte dies ein Faktor für die Einsamkeitskrise bei älteren Menschen sein.
Studien zeigen, dass Menschen im Alter wählerischer werden, was ihre sozialen Kontakte angeht. Da soziale Interaktionen Zeit und Energie erfordern, entscheiden sich ältere Menschen möglicherweise bewusst für Qualität statt Quantität in ihren Beziehungen (Saarbrücker Zeitung, 02.11.2024). Die Studie des Londoner Teams verweist auf Erkenntnisse, dass soziale Netzwerke beim Menschen im frühen Erwachsenenalter ihren Höhepunkt erreichen und im späteren Leben abnehmen.
Haussperlinge sind weltweit verbreitet und zählen zu den häufigsten Vogelarten. Trotzdem sind ihre Bestände in vielen Regionen, darunter auch in der EU, seit Jahrzehnten rückläufig. Die kleinen Vögel ernähren sich hauptsächlich von Samen, während die Jungen anfangs fast ausschließlich mit Insekten und deren Larven gefüttert werden. Haussperlinge sind sehr gesellig und leben in Schwärmen oder kleineren Gruppen. Ihr lautes Tschilpen ist kaum zu überhören. Sie führen in der Regel eine lebenslange monogame Beziehung. Ihre Lebenserwartung beträgt im Durchschnitt nur etwa zwei Jahre, kann aber unter optimalen Bedingungen auch über zehn Jahre betragen (Westdeutsche Zeitung, 02.11.2024).
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