September 9, 2024
Tiergestützte Therapie als Hilfe gegen Zahnarztangst in Gießen

Praxis in Gießen: Hündin Anouk nimmt die Angst vorm Zahnarzt

In Deutschland leiden schätzungsweise fünf Millionen Menschen an einer Zahnarztphobie, die sich in Angst oder sogar Panik vor zahnärztlichen Behandlungen äußert. Diese weit verbreitete Angst hat dazu geführt, dass viele Zahnarztpraxen spezielle Methoden entwickeln, um ihren Patienten zu helfen. In Gießen hat Zahnärztin Dr. Ina Zöller einen innovativen Ansatz gewählt, indem sie ihren Therapiehund Anouk in ihre Praxis integriert hat. Anouk, ein Australian Shepherd, hat sich als wertvolle Unterstützung für Patienten erwiesen, die unter Zahnarztangst leiden.

Der Einsatz von Tieren in therapeutischen Kontexten ist nicht neu, jedoch ist die Implementierung eines Therapiehundes in einer Zahnarztpraxis ein relativ innovativer Schritt. Dr. Zöller erklärt, dass die Anwesenheit von Anouk dazu beiträgt, das Stressniveau der Patienten zu senken. „Bei dem Kontakt mit Hunden wird das Wohlfühlhormon Oxytocin ausgeschüttet“, erläutert sie. „Es senkt Puls und Blutdruck, was wissenschaftlich erwiesen ist.“ Diese physiologischen Reaktionen sind entscheidend, um Patienten zu beruhigen und ihnen zu helfen, sich während der Behandlung wohler zu fühlen.

Ein Beispiel für die positive Wirkung von Anouk ist die 75-jährige Patientin Angelika Derwort, die nach traumatischen Erfahrungen in ihrer Kindheit große Angst vor Zahnarztbesuchen hatte. „Es ist keine Angst, es ist Panik“, beschreibt sie ihre Gefühle. Doch seit Anouk regelmäßig in der Praxis ist, hat sich ihre Einstellung geändert. „Sie hat mich so lieb angeguckt. Meine Panik vor der Behandlung, dem Ausgeliefertsein, war verflogen“, berichtet Derwort von ihrem ersten Termin mit Anouk.

Die Hündin hat eine feste Rolle in der Praxis. Einmal pro Woche begleitet sie zwei Patienten, die im Voraus für diese spezielle Behandlung angemeldet werden. Anouk begrüßt die Patienten im Wartezimmer, wo sie ihnen mit einem Pfötchen die Hand gibt, bevor sie sie ins Behandlungszimmer begleitet. Dort hat sie ihren Platz hinter dem Stuhl, wo sie den Patienten nicht direkt sieht, aber dennoch präsent ist. Diese Präsenz allein hat bereits eine beruhigende Wirkung auf viele Patienten.

Dr. Zöller hat Anouk als Therapiehund ausbilden lassen, was eine Genehmigung des Veterinäramtes erforderte. Diese Genehmigung stellt sicher, dass Anouk in der Praxis arbeiten kann, ohne die hohen Hygienestandards zu gefährden. „Die Hygienestandards in einer Zahnarztpraxis sind sehr hoch“, betont Zöller. Anouk darf nicht in alle Räume der Praxis und ist während bestimmter Behandlungen nicht anwesend, um sicherzustellen, dass die Hygiene nicht beeinträchtigt wird.

Die Zahnärztekammer hat zwar Bedenken hinsichtlich der Anwesenheit von Tieren in Zahnarztpraxen geäußert, jedoch zeigt die Praxis von Dr. Zöller, dass mit den richtigen Maßnahmen ein sicherer und hygienischer Umgang möglich ist. Anouk wird regelmäßig tierärztlich untersucht, entwurmt und erhält prophylaktische Behandlungen gegen Parasiten. Zudem gibt es spezielle Hygieneprotokolle, die nach jedem Einsatz von Anouk befolgt werden, um die Sauberkeit der Praxis zu gewährleisten.

Die Erfahrungen von Patienten wie Angelika Derwort zeigen, dass Anouk eine positive Auswirkung auf den Verlauf von zahnärztlichen Behandlungen hat. „Anouk hat mir Sicherheit gegeben. Sie war beruhigend und lenkte mich von der Untersuchung ab“, sagt Derwort. Diese Rückmeldungen sind für Dr. Zöller eine Bestätigung, dass ihr Konzept funktioniert und dass die Integration eines Therapiehundes in die Zahnarztpraxis eine sinnvolle Ergänzung zur Behandlung von Angstpatienten ist.

Die Praxis von Dr. Zöller ist ein Beispiel für einen modernen und einfühlsamen Umgang mit Patienten, die unter Zahnarztangst leiden. Durch den Einsatz von Anouk wird nicht nur eine Brücke zwischen der Zahnärztin und den Patienten geschlagen, sondern es wird auch ein Raum geschaffen, in dem sich Patienten sicher und wohl fühlen können. Diese innovative Methode könnte möglicherweise als Vorbild für andere Zahnarztpraxen dienen, die ähnliche Herausforderungen im Umgang mit Angstpatienten haben.

Insgesamt zeigt der Ansatz von Dr. Zöller, dass es alternative Wege gibt, um Patienten mit Zahnarztangst zu unterstützen. Die Kombination aus tiergestützter Therapie und zahnärztlicher Behandlung könnte in Zukunft eine immer wichtigere Rolle in der Zahnmedizin spielen.

Die Erfahrungen in der Zahnarztpraxis von Dr. Ina Zöller in Gießen verdeutlichen, wie wichtig es ist, auf die Bedürfnisse der Patienten einzugehen und innovative Lösungen zu finden, um deren Ängste zu lindern. Anouk, die Therapiehündin, hat sich als wertvolle Unterstützung erwiesen und zeigt, dass der Umgang mit Angstpatienten auch auf eine einfühlsame und tiergestützte Weise erfolgen kann.

Weitere
Artikel