25.11.2024
Unerwarteter Erfolg für Călin Georgescu in der ersten Runde der rumänischen Präsidentschaftswahl

Rechtsextremer Kandidat in Rumänien erzwingt Stichwahl ums Präsidentenamt

Der prorussische Rechtsextremist Călin Georgescu hat überraschend die Stichwahl um das rumänische Präsidentenamt erreicht. Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet, zog der parteilose Kandidat mit antiwestlichen Positionen und der Verherrlichung rumänischer Faschisten aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs in den Wahlkampf. Georgescu, der von etablierten Medien und seinen Konkurrenten weitgehend ignoriert wurde, nutzte vor allem die Plattform TikTok für seine politische Propaganda. Im ersten Wahlgang übertraf er den amtierenden Ministerpräsidenten Marcel Ciolacu von der Sozialdemokratischen Partei. Die Stichwahl findet am 8. Dezember statt, eine Woche nach der Parlamentswahl.

Rumänien, der östlichste EU-Mitgliedstaat, grenzt im Norden an die Ukraine. Das Land mit rund 19 Millionen Einwohnern gilt als eines der ärmsten in Europa. Wie die dpa berichtet, erklärte Georgescu am Wahlabend in einer via Facebook übertragenen Pressekonferenz, das rumänische Volk sei „zum Bewusstsein erwacht“ und wolle „nicht weiter auf Knien, nicht weiter unter Invasion, nicht weiter erniedrigt“ bleiben. Er führte das Wahlergebnis auf die wirtschaftliche Unsicherheit im Land zurück und betonte den Wunsch des Volkes nach „Frieden“, wohl in Bezug auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Nach Angaben des Zentralen Wahlbüros erreichte Georgescu im ersten Wahlgang rund 22 Prozent der Stimmen, Ciolacu hingegen nur etwa 20 Prozent. Der Anteil der im Ausland lebenden Rumänen, die Georgescu mehrheitlich unterstützten, ist in diesen Zahlen noch nicht enthalten. Der viertplatzierte Kandidat George Simion von der rechtsextremen Partei AUR, der 14 Prozent der Stimmen erhielt, kündigte seine Unterstützung für Georgescu in der Stichwahl an. Elena Lasconi, Kandidatin der konservativ-liberalen Reformpartei, erreichte mit knapp 19 Prozent den dritten Platz und hat sich bisher noch nicht für einen der beiden verbliebenen Kandidaten ausgesprochen.

Die Situation erinnert an die Präsidentenwahl im Jahr 2000, als der Sozialdemokrat Ion Iliescu und der Rechtsextremist Corneliu Vadim Tudor in der Stichwahl gegeneinander antraten. Damals verhinderten die vereinten demokratischen Parteien mit Unterstützung europäischer Verbündeter den Einzug eines Extremisten ins höchste Staatsamt. In Rumänien hat der Präsident weitreichende Befugnisse in der Außen- und Verteidigungspolitik und ist an der Kontrolle der Geheimdienste beteiligt. Seine Machtfülle liegt zwischen der des deutschen Bundespräsidenten und der des französischen Staatsoberhaupts. Das Ergebnis der ersten Runde der Präsidentenwahl dürfte auch die Parlamentswahl am 1. Dezember beeinflussen.

Georgescu, gegen den wegen Verherrlichung faschistischer Kriegsverbrechen ermittelt wird, rühmt, wie die "Legionäre" genannten rumänischen Faschisten, die orthodoxe Kirche und verwendet häufig Bibelzitate. Der 62-jährige Agrarwissenschaftler und Tierarzt warb vor allem über TikTok für seine Kandidatur. Kommentatoren in Bukarest kritisierten nach der Wahl, dass klassische Medien und etablierte Politiker Georgescus Propaganda in den sozialen Medien nicht ernst genug genommen hätten. Auch Meinungsforscher hatten seinen Erfolg nicht vorhergesehen, selbst Nachwahlbefragungen lieferten keine Hinweise auf das tatsächliche Ergebnis.

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