Der Fall von Hanna F. erschüttert und wirft ein Schlaglicht auf die tragischen Folgen von Gewalt in Beziehungen und die Schutzlücken im System. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) berichtet, erwirkte Hanna F. am 16. November 2020 ein Näherungsverbot gegen ihren Ehemann Hartmut F., nachdem dieser sie im Streit geschlagen und ihr die Nase gebrochen hatte. Das Gericht untersagte ihm, sich ihr und der gemeinsamen Wohnung zu nähern, sie zu kontaktieren oder Orte aufzusuchen, die sie regelmäßig besucht. Trotz dieser Maßnahmen begann Hartmut F. Tage später, seine Frau zu belästigen – Anrufe, Briefe, Versuche, über die gemeinsamen Kinder Informationen über sie zu erhalten. Monatelang ignorierte er das Kontaktverbot. Schließlich verwanzte er ihr Auto mit einem GPS-Tracker und lauerte ihr am 19. Mai 2021 vor dem Haus ihres neuen Partners auf. Dort erschoss er sie mit 48 Schüssen aus einer Maschinenpistole, ebenso ihren neuen Partner und später einen Freund, der Hanna F. nach der Trennung unterstützt hatte.
Die F.A.Z. hat im Rahmen einer Recherche 62 Urteile aus dem Jahr 2021 analysiert, in denen Männer wegen Femizids verurteilt wurden. Wie die F.A.Z. berichtet, stellte sich heraus, dass in fünf dieser Fälle die Frauen zuvor ein Kontaktverbot gegen den späteren Täter erwirkt hatten. Die Recherche verdeutlicht die erschreckende Realität: Kontaktverbote bieten oft keinen ausreichenden Schutz. Wie die F.A.Z. weiter ausführt, wird in der Polizeilichen Kriminalstatistik nicht erfasst, wie oft Frauen trotz solcher Verbote getötet werden.
Das Gewaltschutzgesetz, das seit 2002 existiert, soll Betroffenen Schutz bieten. Die Praxis zeigt jedoch, dass die Umsetzung oft schwierig ist. Wie die F.A.Z. berichtet, ist ein Problem die Zustellung des Verbots. Ist der Aufenthaltsort des Täters unbekannt, kann das Gericht ihn nicht erreichen, und der Beschluss wird nicht wirksam. Selbst wenn der Täter das Verbot erhält, wird es, wie im Fall von Hanna F., oft ignoriert.
Die F.A.Z. zitiert Lisa Ackfeld, Sozialpädagogin beim Verein Frauen helfen Frauen, die erklärt, dass manche Männer durch ein Kontaktverbot abgeschreckt werden, während andere es als Angriff auf ihr vermeintliches Recht ansehen, ihre Partnerin zu kontrollieren. Letztere Gruppe stellt die größte Gefahr dar. Auch die Durchsetzung von Kontaktverboten ist problematisch. Thomas von der Wehl, Anwalt für Familienrecht, der Hanna F. bei ihrem Gewaltschutzantrag unterstützte, wird in der F.A.Z. mit den Worten zitiert: "Es gibt keine vernünftigen rechtlichen Mittel, um ein Näherungsverbot wirklich durchzusetzen." Anträge auf Ordnungsgeld oder Ordnungshaft bei Verstößen würden oft erst nach Monaten bearbeitet. Für manche Frauen kommt die Entscheidung dann zu spät.
Die Berliner Anwältin für Straf- und Familienrecht, Christina Clemm, hat, wie der Spiegel in einem Artikel von 2018 berichtet, ähnliche Erfahrungen gemacht. Sie vertritt seit über 25 Jahren Frauen, die Opfer von Partnergewalt geworden sind, und kennt die Ohnmacht, die Betroffene angesichts der unzureichenden Schutzmöglichkeiten empfinden. Der Spiegel beschreibt in seinem Artikel die erschreckende Statistik, dass zehntausende Frauen Opfer von Gewalt durch ihren Partner werden und mehr als 100 Frauen im Jahr 2018 an den Folgen dieser Gewalt starben.
Die Morgenpost kommentiert in einem Artikel vom 30. August 2024 einen weiteren Femizid in Berlin-Zehlendorf und betont, dass diese Fälle keine Einzelfälle sind. Die Zeitung weist darauf hin, dass jedes Jahr 100.000 Frauen von ihrem Partner oder Ex-Partner angegriffen werden und jeden zweiten Tag eine Frau an den Folgen geschlechtsspezifischer Gewalt stirbt. Die Zahl der Femizide steige seit Jahren an.
Die Fälle von Hanna F. und vielen anderen Frauen zeigen die dringende Notwendigkeit, die Schutzlücken im System zu schließen und wirksame Maßnahmen zum Schutz von Gewaltopfern zu ergreifen.
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