September 11, 2024
Wichtige Gespräche in Kiew: Unterstützung für die Ukraine im Fokus

Die Lage im Überblick: Außenminister in Kiew - Darf die Ukraine bald weit schießen?

Kiew - Die Außenminister der USA und Großbritanniens, Antony Blinken und David Lammy, sind am heutigen Tag in der ukrainischen Hauptstadt Kiew eingetroffen. Ihr Besuch könnte eine entscheidende Wende in der Unterstützung der Ukraine durch westliche Waffen darstellen, insbesondere in Bezug auf die Erlaubnis, militärische Ziele tief im russischen Gebiet anzugreifen. Dies ist ein zentraler Punkt, den die ukrainische Regierung seit Monaten fordert, um sich gegen die anhaltenden russischen Luftangriffe auf zivile und militärische Ziele zu verteidigen.

Antony Blinken erklärte vor seiner Abreise aus London, dass er und Lammy die Möglichkeiten erkunden wollten, wie die Ukraine in der aktuellen Lage bestmöglich unterstützt werden kann. Diese Informationen sollen dann ihren Vorgesetzten, US-Präsident Joe Biden und dem britischen Premierminister Keir Starmer, für deren bevorstehendes Treffen in Washington am Freitag übermittelt werden. Ein zentrales Thema dieser Gespräche ist der mögliche Einsatz von ATACMS-Raketen, die eine Reichweite von etwa 300 Kilometern haben, sowie britischen Storm-Shadow-Raketen.

Ein Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sowie hochrangigen Regierungsvertretern ist ebenfalls geplant. Blinken betonte, dass die Reise zu einem kritischen Zeitpunkt für die Ukraine stattfindet, da Russland seine Aggressionen gegen Zivilisten und die ukrainische Infrastruktur verstärkt. Besonders vor dem Hintergrund der bevorstehenden kalten Monate sei es wichtig, die Energieinfrastruktur zu schützen, die in den letzten Monaten stark angegriffen wurde.

Die aktuelle militärische Lage in der Ukraine

Die Ukraine führt seit mehr als zweieinhalb Jahren einen Abwehrkampf gegen eine großangelegte russische Invasion. Ministerpräsident Denys Schmyhal äußerte sich besorgt über die bevorstehenden Herausforderungen im Energiesektor, da die Ukraine möglicherweise vor dem schwierigsten Kriegswinter steht. In den letzten Tagen meldete das ukrainische Militär erneut russische Luftangriffe, die die ohnehin angespannte Lage weiter verschärfen.

Waffenlieferungen und Einsatzbeschränkungen

Bislang haben die USA den Einsatz ihrer Waffen gegen Russland auf die Abwehr der russischen Offensive in der ostukrainischen Stadt Charkiw beschränkt. Die ukrainische Regierung hat jedoch wiederholt gefordert, dass sie auch weitreichende Waffen aus US-Produktion gegen Ziele hinter der russischen Grenze einsetzen darf. Dies wäre notwendig, um russische Militärflugplätze zu erreichen, von denen aus Angriffe auf ukrainische Städte gestartet werden.

In Washington haben mehrere republikanische Politiker Präsident Biden in einem Brief aufgefordert, diese Einsatzbeschränkungen aufzuheben. Trotz der Forderungen bleibt die Reichweite der bisher bereitgestellten ATACMS-Raketen auf etwa 300 Kilometer begrenzt. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin räumte ein, dass Russland seine Kampfflugzeuge zunehmend auf weiter entfernte Flugfelder verlegt hat, was die Effektivität der ukrainischen Angriffe im russischen Hinterland einschränkt.

Die Ukraine hat bisher vor allem eigene Drohnen für Angriffe im russischen Hinterland eingesetzt, die jedoch nur begrenzte Sprengkraft haben. Deutschland hingegen hat der Ukraine keine Waffen mit vergleichbaren Reichweiten geliefert. Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich strikt gegen die Lieferung des Marschflugkörpers Taurus ausgesprochen, der mit einer Reichweite von 500 Kilometern auch Moskau erreichen könnte.

Vorbereitung auf einen schwierigen Winter

Ministerpräsident Schmyhal sprach von der Herausforderung, eine stabile Energieversorgung während der kommenden Heizsaison zu gewährleisten. Er betonte, dass die Ukraine in den letzten drei Heizperioden erfolgreich war, jedoch der kommende Winter möglicherweise der schwierigste sein wird. Der systematische Beschuss von Strom- und Heizkraftwerken durch Russland hat die ukrainische Energieproduktion erheblich beeinträchtigt.

Die ukrainische Regierung erhält Unterstützung aus der ganzen Welt, um die beschädigten Kraftwerke wieder in Betrieb zu nehmen und das Energiesystem dezentraler zu organisieren, um die Anfälligkeit zu reduzieren.

Änderungen in der ukrainischen Diplomatie

Präsident Selenskyj hat von seinen Diplomaten ein energischeres Eintreten für die Interessen der Ukraine gefordert. Der neue Außenminister Andrij Sybiha soll die ukrainische Diplomatie so umgestalten, dass sie aktiver auf Herausforderungen reagieren kann. In einer Videobotschaft betonte Selenskyj, dass jeder, der nicht das erforderliche Engagement zeigt, über seine Rolle im Außenministerium nachdenken sollte.

Die Entwicklungen in Kiew und die Gespräche mit den westlichen Außenministern könnten entscheidend dafür sein, wie die Ukraine in den kommenden Wochen und Monaten auf die russischen Aggressionen reagieren kann. Die internationale Unterstützung bleibt ein zentraler Faktor in diesem Konflikt, der weiterhin Millionen von Menschen betrifft und die geopolitische Landschaft Europas beeinflusst.

Die Situation bleibt angespannt, und die kommenden Entscheidungen könnten weitreichende Auswirkungen auf den Verlauf des Konflikts und die Sicherheit der Region haben.

Quellen: dpa, Zeit Online, Handelsblatt

Weitere
Artikel