19.10.2024
Akzeptanz der Energiewende: Herausforderungen und Perspektiven für die Zukunft

Strompreise: EnBW-Chef: Akzeptanz für Mammutprojekt Energiewende bröckelt

In den letzten Monaten hat die Diskussion um die Energiewende in Deutschland an Intensität gewonnen. Georg Stamatelopoulos, der CEO der EnBW (Energie Baden-Württemberg), äußerte sich besorgt über die sinkende Akzeptanz der Bevölkerung für dieses Mammutprojekt. Die steigenden Energiekosten tragen maßgeblich zu dieser Entwicklung bei. Stamatelopoulos erklärte, dass es lokal schon immer Widerstand gegen Windkraftanlagen gegeben habe, doch nun sei die Kritik auch auf globaler Ebene spürbar. Viele Menschen verstehen nicht, warum die Energiewende mit Kosten verbunden ist. Seine Aussage, dass Sonne und Wind keine Rechnungen schicken, sei zwar korrekt, könne jedoch auch irreführend interpretiert werden.

Ein zentrales Anliegen Stamatelopoulos' ist es, die Notwendigkeit des Ausbaus erneuerbarer Energien klar zu kommunizieren. Der Ausbau der Netze und dezentraler Speicheranlagen sei unerlässlich, was wiederum zu höheren Kosten führe. Gleichzeitig gibt es jedoch Möglichkeiten zur Kostenreduktion, beispielsweise durch die oberirdische Verlegung von Stromtrassen. Stamatelopoulos betont, dass die Politik die Problematik durchaus versteht, jedoch die gesellschaftliche Akzeptanz eine Herausforderung darstellt. Sollte die Unterstützung der Bevölkerung weiter abnehmen, könnte dies die Umsetzung der Energiewende erheblich erschweren.

Die Investitionen in die notwendige Infrastruktur sind enorm. Laut Schätzungen des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft sowie der Beratungsfirma EY belaufen sich die erforderlichen Investitionen, um die Ziele der Energiewende bis 2035 zu erreichen, auf mehr als 1,2 Billionen Euro. Stamatelopoulos äußerte, dass diese Summe alle Kunden überfordere, nicht nur die Industrie. Er betonte, dass der Staat in der Phase, in der der Verbrauch noch nicht so hoch sei, die hohen Investitionen unterstützen sollte. Die langfristigen Vorteile der erneuerbaren Energien, wie das Fehlen von Brennstoffkosten, würden erst nach der Fertigstellung der Infrastruktur spürbar.

Die Diskussion um die Finanzierung der Energiewende ist komplex. Stamatelopoulos wollte sich nicht dazu äußern, ob ein Sondervermögen notwendig sei, um die Finanzierung voranzutreiben. Er verwies darauf, dass es verschiedene Vorschläge gebe, um die Kosten zu strecken, und dass dies ein Thema sei, über das man sprechen müsse. Für EnBW sei die Finanzierung der Investitionen in diesem Jahrzehnt eine echte Herausforderung, die nicht zu unterschätzen sei.

Ein weiterer wichtiger Punkt, den Stamatelopoulos ansprach, ist die Notwendigkeit, die Energiewende schneller voranzutreiben. Er hob hervor, dass es bereits Fortschritte gebe, und der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch auf über 50 Prozent gestiegen sei. Dies zeige, dass das System stabil sei und es keine Stromunterbrechungen gebe. Dennoch sei die Thematik der verfügbaren Leistung lange Zeit vernachlässigt worden. Hierbei handelt es sich um Kraftwerke, die bei Bedarf zugeschaltet werden können, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

In der Vergangenheit lag der Fokus stark auf dem Klimaschutz, während die Aspekte der Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit oft in den Hintergrund gedrängt wurden. Stamatelopoulos betonte, dass der Ukraine-Krieg dazu beigetragen habe, diese beiden Dimensionen des energiewirtschaftlichen Dreiecks wieder stärker in den Vordergrund zu rücken. Er warnte davor, dass ein zu hoher Strompreis möglicherweise dazu führen könnte, dass Abstriche beim Klimaschutz gemacht werden müssen, was die Erreichung der Klimaneutralität in Deutschland verzögern könnte. Das Ziel, bis 2045 klimaneutral zu werden, solle jedoch nicht aufgegeben werden. Stattdessen sollten pragmatische Lösungen gefunden werden, um die Herausforderungen zu bewältigen.

Zusätzlich äußerte Stamatelopoulos Kritik an den Plänen des Bundeswirtschaftsministeriums für das zukünftige Strommarktdesign. Bis 2028 soll ein Mechanismus entwickelt werden, der Anbieter dafür honoriert, dass sie steuerbare Kraftwerkskapazitäten bereitstellen, um den Bedarf in Zeiten zu decken, in denen Wind und Sonne nicht genügend Energie liefern. Stamatelopoulos kritisierte, dass Deutschland einen komplizierten eigenen Weg einschlage, anstatt sich an bereits bestehenden und funktionierenden Modellen in der EU zu orientieren. Diese Herangehensweise könnte dazu führen, dass die Umsetzung teurer wird und möglicherweise nicht rechtzeitig abgeschlossen werden kann.

Insgesamt zeigt die aktuelle Situation, dass die Energiewende in Deutschland vor großen Herausforderungen steht. Die Akzeptanz der Bevölkerung ist entscheidend für den Erfolg dieses Projekts. Es bedarf einer klaren Kommunikation der Notwendigkeit und der Vorteile der Energiewende, um das Vertrauen der Bürger zu gewinnen und die notwendigen Investitionen zu sichern. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob die politischen Entscheidungsträger und die Energieversorger in der Lage sind, die Herausforderungen zu meistern und die Energiewende erfolgreich voranzutreiben.

Quellen: dpa, Süddeutsche Zeitung, Zeit Online

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