19.10.2024
Die ARD im Spannungsfeld zwischen Werbung und Unabhängigkeit

Unzulässige Forderung: Warum die ARD mehr Werbefläche haben will

Die Diskussion um die Werbeflächen der ARD hat in den letzten Monaten an Intensität gewonnen. Tobias Lammert, Geschäftsführer von ARD-Media, hat öffentlich gefordert, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in ihren Onlineangeboten Werbung schalten dürfen. Diese Forderung steht jedoch im Widerspruch zum bestehenden Medienstaatsvertrag, der Werbung in den Online-Angeboten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verbietet.

Im Jahr 2023 erwirtschaftete ARD-Media 360 Millionen Euro durch Werbung und Sponsoring, was etwa fünf Prozent der gesamten Einnahmen ausmachte. Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) hat für die aktuelle Beitragsperiode von 2021 bis 2024 Nettowerbeumsätze von 1,56 Milliarden Euro kalkuliert. Angesichts der bevorstehenden großen Sportereignisse wie der Fußball-EM und den Olympischen Spielen 2024 erwartet die ARD, dass die Werbeeinnahmen in den kommenden Jahren steigen werden.

Die Forderung von Lammert basiert auf der Annahme, dass die Nutzerzahlen im linearen Fernsehen rückläufig sind und dass dies zu einem signifikanten Rückgang der Werbeeinnahmen führen wird. Die KEF hat bereits für 2025 eine Reduzierung der Werbeeinnahmen auf 1,45 Milliarden Euro vorgesehen. Lammert sieht in der aktuellen Situation ein „Werbeverbot durch die Hintertür“, wenn die Medienpolitik nicht reagiert und die Mediathek weiterhin von einer moderaten Vermarktung ausgeschlossen bleibt.

Der Medienstaatsvertrag enthält eine klare Negativliste für öffentlich-rechtliche Medien, die unter anderem das Schalten von Anzeigen, Kleinanzeigen und Sponsoring verbietet. Diese Regelung wurde 2009 eingeführt und soll sicherstellen, dass die öffentlich-rechtlichen Anstalten nicht in direkte Konkurrenz zu privaten Medienhäusern treten. Trotz dieser Vorgaben hat die ARD in der Vergangenheit versucht, diese Beschränkungen zu umgehen, indem sie Werbung in Podcasts platziert, die auf nicht-öffentlich-rechtlichen Plattformen verfügbar sind.

Die Argumentation von Lammert wird durch den Vergleich mit dem österreichischen Rundfunk ORF gestützt, der in seinen Onlineangeboten Werbung schalten darf. Allerdings ist die Haushaltsabgabe in Österreich mit 15,30 Euro deutlich niedriger als in Deutschland, wo die Bürger einen Betrag von 18,36 Euro zahlen. Zudem erhält der ORF in diesem Jahr nur 682,5 Millionen Euro, während die ARD mehr als das Zehnfache erzielt.

Die Diskussion um die Werbeflächen der ARD ist nicht nur eine Frage der Finanzierung, sondern wirft auch grundlegende Fragen zur Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der heutigen Medienlandschaft auf. Kritiker befürchten, dass eine Erlaubnis für Werbung in den Mediatheken die Unabhängigkeit und den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gefährden könnte. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat den Auftrag, eine vielfältige und qualitativ hochwertige Berichterstattung zu gewährleisten, die nicht von kommerziellen Interessen beeinflusst wird.

In der aktuellen Debatte wird deutlich, dass die ARD sich in einem Spannungsfeld zwischen den Anforderungen der Zuschauer, den finanziellen Herausforderungen und den rechtlichen Rahmenbedingungen bewegt. Während die Zuschauer zunehmend digitale Angebote nutzen und die Werbeeinnahmen im linearen Fernsehen sinken, bleibt die Frage, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine Finanzierung sicherstellen kann, ohne seine Unabhängigkeit zu gefährden.

Die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland hängt von der Fähigkeit ab, sich an die veränderten Rahmenbedingungen anzupassen und gleichzeitig den gesetzlichen Vorgaben treu zu bleiben. Ob die ARD letztendlich die Erlaubnis erhält, in ihren Onlineangeboten Werbung zu schalten, bleibt abzuwarten. Die Diskussion wird sicherlich auch in den kommenden Monaten weitergeführt werden.

Quellen: FAZ, TECHBOOK, PCGH.

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