31.10.2024
Bericht aus Istanbul Armut Repression und Korruption in der Türkei
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Brief aus Istanbul: Was in Erdoğans Sultanat alles faul ist

Die Türkei unter Recep Tayyip Erdoğan steht seit Jahren im Fokus internationaler Kritik. Wie Bülent Mumay in seinem Brief aus Istanbul in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) vom 31.10.2024 beschreibt, hat sich das Land in den 22 Jahren AKP-Herrschaft stark verändert. Wohlstand und Demokratie sind auf dem Rückzug, während Armut und Repression zunehmen.

In Istanbul, einst die wirtschaftliche Hauptstadt des Landes, lebt laut IPA Strategic Consultancy mittlerweile einer von fünf Einwohnern unter der Armutsgrenze. Viele Istanbuler können sich Grundlegendes wie Heizung, Kleidung, Obst und Gemüse nicht mehr leisten, wie Mumay berichtet. Der Konsum von Grundnahrungsmitteln ist drastisch gesunken. Diese Entwicklung steht im starken Kontrast zu den wirtschaftlichen Versprechungen Erdoğans aus dem Jahr 2011.

Die Pressefreiheit ist stark eingeschränkt. So wurde „Açık Radyo“, ein liberaler Radiosender, verboten, weil in einer Sendung das Wort „Genozid“ im Zusammenhang mit dem Gedenktag an den Völkermord an den Armeniern fiel. Auch auf Plattformen wie X werden Konten von Journalisten gesperrt, wie Mumay am Beispiel Can Dündars erläutert.

Ein geplantes „Agentengesetz“ bedroht Journalisten, Wissenschaftler und Zivilgesellschaftsakteure. Vage Formulierungen ermöglichen es, kritische Stimmen als „Agenten“ ausländischer Mächte zu brandmarken und mit bis zu sieben Jahren Haft zu bestrafen. Mumay kritisiert die Unbestimmtheit des Gesetzestextes, der auch Journalisten, die für ausländische Medien arbeiten, gefährdet.

Immer wieder werden Skandale aufgedeckt, die die Korruption und Straflosigkeit im Umfeld der Regierungspartei beleuchten. So wurden mit einem Dienstwagen der türkischen Botschaft Drogen geschmuggelt und Abgeordnete nutzten ihre Privilegien, um Goldbarren am Zoll vorbeizuschleusen. Auch Menschenhandel mit syrischen Flüchtlingen wurde aufgedeckt. Die Verantwortlichen bleiben jedoch meist straffrei, wie Mumay berichtet.

Ein besonders schockierender Fall betrifft Neugeborene, die in Privatkliniken unnötig auf Intensivstationen verlegt wurden, um höhere Zahlungen von der staatlichen Krankenversicherung zu erhalten. Mindestens zwölf Säuglinge starben. Auch hier blieben Personen mit Verbindungen zur Regierung unverfolgt, so Mumay.

Trotz der wirtschaftlichen Not und eingeschränkten Freiheiten setzt Erdoğan auf Spaltung der Opposition. So versucht er, die kurdische Wählerschaft mit einem erneuten Friedensangebot zu ködern, ähnlich wie bereits 2013. Die Oppositionsparteien setzen ihre Hoffnungen auf die Wahlen 2028, bei denen Erdoğan laut Verfassung nicht mehr antreten darf.

Die Türkei steht vor großen Herausforderungen. Die wirtschaftliche Lage ist prekär, die demokratischen Institutionen sind geschwächt und die Gesellschaft ist tief gespalten. Wie Mumay in seinem Brief aus Istanbul darstellt, ist „etwas faul im Staate Türkei“.

Quellen:

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