Fast 20 Jahre nach Einführung von Hartz IV steht das heutige Bürgergeld im Zentrum einer politischen Debatte. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) berichtet, nahm das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) das anstehende Jubiläum zum Anlass, mit Bundestagsabgeordneten verschiedener Parteien und der Chefin der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles, eine Bilanz zu ziehen und die Zukunft der Grundsicherung zu diskutieren.
IAB-Direktor Bernd Fitzenberger ordnete die Entstehung von Hartz IV im Kontext der damaligen Massenarbeitslosigkeit ein. Ziel sei es gewesen, Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe für Erwerbsfähige zusammenzuführen und den direkten Zugang zur Arbeitsvermittlung zu gewährleisten. Der Grünen-Abgeordnete Wolfgang Strengmann-Kuhn kritisierte laut F.A.Z., Hartz IV habe zur Ausweitung des Niedriglohnsektors beigetragen, da unter Bundeskanzler Gerhard Schröder der Vermittlungsvorrang Priorität gehabt habe. Fitzenberger betonte die hohe Erwerbstätigenquote Deutschlands im internationalen Vergleich, trotz der aktuell 4,4 Millionen Leistungsempfänger, von denen 1,8 Millionen arbeitslos gemeldet sind. Er wies aber auch auf die Schwierigkeit hin, Arbeitsanreize zu schaffen, wenn erzielte Verdienste angerechnet und besteuert werden. „Sanktionen sind notwendig, aber kein Allheilmittel“, so Fitzenberger laut F.A.Z.. Die Diskussion darüber werde zu intensiv geführt.
Die CDU fordert, wie die F.A.Z. berichtet, eine grundlegende Reform des Bürgergelds. Generalsekretär Carsten Linnemann kritisierte, dass auch Menschen Leistungen bezögen, die arbeiten könnten. Marc Biadacz (CDU) bekräftigte diese Position und forderte eine Reformierung, Umbenennung und Verschärfung der Sanktionen. Die Vertreter der Ampel-Koalition hingegen verteidigten das Bürgergeld als grundsätzlich gutes Instrument, sehen aber ebenfalls Verbesserungsbedarf. Martin Rosemann (SPD) betonte, die Ampel sei nicht am Bürgergeld gescheitert, kritisierte aber das Sanktionsmoratorium. Jens Teutrine (FDP) forderte laut F.A.Z. einen stärkeren Fokus auf Aktivleistungen, bessere Zuverdienstmöglichkeiten für unter 25-Jährige und die Förderung von Teilausbildungen.
Einigkeit bestand laut F.A.Z. zwischen Rosemann und Teutrine in der Notwendigkeit, die Strukturen zu vereinfachen und Leistungen wie Bürgergeld, Wohngeld und Kindergeld zusammenzuführen, um Ressourcen für die Jobcenter freizusetzen. Strengmann-Kuhn (Grüne) sprach sich gegen eine Abschaffung des Bürgergelds aus und plädierte für Planungssicherheit für Personal und Ressourcen der Jobcenter.
Andrea Nahles, Chefin der Bundesagentur für Arbeit, kündigte laut F.A.Z. an, trotz des erwarteten Defizits im Haushalt der Bundesagentur weiterhin in Förderung und Qualifizierung zu investieren, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
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