Dora Hitz: Eine Künstlerin im Spannungsfeld ihrer Zeit
Dora Hitz, eine Malerin, deren Werk lange Zeit im Schatten stand, wird nun wiederentdeckt. Die Villa Liebermann am Wannsee widmet ihr die erste Einzelausstellung seit fast einem Jahrhundert, wie Andreas Kilb in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung berichtet. Hitz' Schaffen fiel in eine Ära, in der Künstlerinnen mit Vorurteilen und mangelnder Anerkennung zu kämpfen hatten. Der Begriff "Frauenkunst" war damals, wie Kilb schreibt, eher ein Schimpfwort als ein Kompliment. Trotzdem gelang es Hitz, sich in der Kunstwelt zu behaupten.
Ihr Gemälde "Weinernte" von 1909, das Kilb in der F.A.Z. beschreibt, verdeutlicht die Spannungen dieser Zeit. Die dargestellten Frauen, die Trauben ernten, erinnern in ihrer kraftvollen Darstellung an Figuren von Ernst Nolde. Der Mann im Bild wirkt dagegen fast fehl am Platz. Der Malstil, so Kilb, ist eine Mischung aus vergröbertem Liebermann-Stil und frühen expressionistischen Einflüssen. Das Sonnenlicht erzeugt Unruhe statt idyllischer Harmonie.
Mit 56 Jahren blickte Hitz, als sie "Weinernte" malte, bereits auf eine drei Jahrzehnte lange Karriere zurück. Sie war Mitbegründerin der Berliner Sezession, doch ihre Kunst zeigt keine Altersmilde, sondern die Entschlossenheit, den Zeitgeist einzufangen.
Hitz wurde in eine Übergangszeit hineingeboren, zwischen Biedermeier und Kaiserreich. Die Möglichkeiten für Künstlerinnen waren begrenzt, Akademien blieben ihnen verschlossen. Private Malschulen für Frauen florierten jedoch. Hitz studierte bei Historienmalern in München und machte sich früh mit Stillleben einen Namen. Mit 23 Jahren ging sie als Hofmalerin der Prinzessin Elisabeth zu Wied nach Rumänien, wo sie Fresken und Tafelbilder für Schloss Peleș schuf. Doch der Historismus reichte ihr nicht. 1882 zog sie nach Paris, um sich weiterzubilden. Sie stellte im Salon aus und war 1889 auf der Pariser Weltausstellung vertreten. Inspiriert von Monet bereiste sie die Bretagne und die Normandie.
Aus dieser Zeit stammen die frühen Gemälde, die nun in Berlin ausgestellt sind. Sie zeigen Mädchen, Mütter mit Kindern, Fischerfrauen. Der Stil ist vielfältig, von Monet und Renoir beeinflusst, mit Anklängen an den Symbolismus und Courbet. Zurück in Deutschland eröffnete Hitz 1892 ihre eigene Malschule in Berlin.
Das Motiv der Mutter mit Kind, der "modernen Madonna", wurde zu ihrem Verkaufsschlager. Sie variierte es immer wieder, passte den Stil dem jeweiligen Sujet an. Während die fortschrittliche Kunstkritik ihre Bilder schätzte, wurde sie von der konservativen Seite als "Frauenkunst" abgetan. Karl Scheffler, Redakteur der Vossischen Zeitung, beschrieb Hitz in seinem Nachruf als "im Salon eine Dame und im Malrock vor ihrer Staffelei ein ganzer Kerl", wie Kilb in der F.A.Z. zitiert.
In der Kaiserzeit erweiterte Hitz ihr Repertoire um Porträts. Ihr Meisterwerk, das Porträt von Margarete Hauptmann von 1906, zeigt die Dichtergattin vor einer blauen Tapete, die Hitz in eine maritime Landschaft verwandelte. Für dieses Bild erhielt Hitz als erste Malerin den Villa-Romana-Preis. Der damit verbundene Aufenthalt in Florenz inspirierte sie zu Werken wie "Weinernte" und "Kirschenernte".
Die Ausstellung in der Villa Liebermann zeigt eine Künstlerin, die sich den Normen ihrer Zeit anpasste, aber gleichzeitig den Kontakt zur Avantgarde suchte. Was Hitz gemalt hätte, wenn sie völlig frei gewesen wäre, bleibt Spekulation. Was sie geschaffen hat, ist, wie Kilb in der F.A.Z. schreibt, eindrucksvoll genug.
Quellen:
- Andreas Kilb: Das Werk der Malerin Dora Hitz in der Villa Liebermann. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.11.2024. (https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunst-und-architektur/das-werk-der-malerin-dora-hitz-in-der-villa-liebermann-110117322.html)
- https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunst-und-architektur/