Nach der Nationalratswahl in Österreich Ende September steht das Land vor der Herausforderung einer Regierungsbildung. Die rechtspopulistische FPÖ ging zwar als stärkste Kraft hervor, doch eine Zusammenarbeit mit ihr wird von den anderen Parteien abgelehnt. Daher rückt eine Koalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS, die sogenannte „Zuckerlkoalition“, in den Fokus. Wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) berichtet, haben die Parteivorsitzenden Karl Nehammer (ÖVP), Andreas Babler (SPÖ) und Beate Meinl-Reisinger (NEOS) am Montag nach wochenlangen Sondierungsgesprächen den Beginn offizieller Koalitionsverhandlungen bekannt gegeben. Nehammer, derzeitiger Bundeskanzler einer türkis-grünen Minderheitsregierung, sprach von einem angestrebten „Bündnis der Vernunft und der politischen Mitte“.
Der Name „Zuckerlkoalition“ spielt, wie die Stuttgarter Zeitung erläutert, auf die Farben der Parteilogos an: Türkis (ÖVP), Rot (SPÖ) und Pink (NEOS). Die Verhandlungen stehen unter keinem guten Stern. Wie der „Standard“ berichtet, wollen die NEOS in den Regierungsverhandlungen den Anspruch auf das Finanzministerium erheben. Gleichzeitig müssen die potenziellen Koalitionspartner laut Trend ein erhebliches Budgetloch schließen. Schätzungen zufolge sind Einsparungen zwischen 4,4 und 6 Milliarden Euro allein im kommenden Jahr notwendig, um die Maastricht-Kriterien zu erfüllen. Insgesamt müssten in den nächsten vier Jahren rund 14 Milliarden Euro eingespart werden. Während im SPÖ-Lager die Finanzpolitik der ÖVP, die seit Jahrzehnten den Finanzminister stellt, kritisiert wird, mahnt die ÖVP laut Trend zur Vermeidung von „Alarmismus“ und will stattdessen „Aufbruchsstimmung“ verbreiten.
Die österreichische Bevölkerung steht der „Zuckerlkoalition“ laut Exxpress gespalten gegenüber. Eine Petition macht gegen die Ausgrenzung des Wahlsiegers FPÖ mobil. In Leserbriefen an die "Presse" wird die Regierungsbildung kontrovers diskutiert. Einige Leser sehen in der Koalition die letzte Chance für ÖVP und SPÖ, andere plädieren für eine Minderheitsregierung oder gar eine Zusammenarbeit mit der FPÖ. Newsflix berichtet über die schwierige Ausgangslage der Verhandlungen und die Vorbehalte gegenüber der FPÖ, insbesondere in Bezug auf den Nationalratspräsidenten Walter Rosenkranz und dessen Mitgliedschaft in einer deutschnationalen Burschenschaft. Die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) hat angekündigt, alle Veranstaltungen mit Rosenkranz zu boykottieren.
Die kommenden Wochen werden zeigen, ob die „Zuckerlkoalition“ tatsächlich zustande kommt und welche Kompromisse die beteiligten Parteien eingehen müssen. Die Herausforderungen sind groß, insbesondere im Hinblick auf die angespannte Haushaltslage und die unterschiedlichen Positionen der Parteien in zentralen Fragen wie der Migrationspolitik.