Robert Habeck, Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler, wurde auf dem Grünen-Parteitag in Wiesbaden mit überwältigender Mehrheit zum Kanzlerkandidaten gewählt. Wie die FAZ berichtet, erhielt er 96,5 Prozent der Stimmen. Der Parteitag, der vom 15. bis 17. November stattfand, stand ganz im Zeichen des "Neuanfangs" nach dem Scheitern der Ampelkoalition und den darauffolgenden Wahlniederlagen. Annalena Baerbock, die 2021 selbst als Kanzlerkandidatin angetreten war, unterstützte Habeck mit einer emotionalen Rede, die von der FAZ als "Heiligsprechung" beschrieben wurde. Sie betonte die Notwendigkeit, im Team und "mit Liebe" mit Habeck an der Spitze in den Wahlkampf zu ziehen.
Die Grünen sehen sich laut FAZ in der Rolle der Retter der Demokratie und wollen Deutschland vor dem "Abgrund" bewahren. Der Parteitag diente dazu, die Partei nach den schlechten Umfrageergebnissen wieder zu motivieren und den Glauben an den eigenen Erfolg zu stärken. Wie die Süddeutsche Zeitung (SZ) kommentiert, wirkt die Bezeichnung Habecks als "Kandidat für die Menschen in Deutschland" angesichts der Umfragewerte von elf Prozent etwas "verdruckst".
Neben der Kandidatenkür wurden auf dem Parteitag auch inhaltliche Debatten geführt. So diskutierten die Delegierten laut FAZ stundenlang über Änderungsanträge zur Asylpolitik und positionierten sich zu einem AfD-Verbot. Ricarda Lang, die jüngste Vorsitzende einer Regierungspartei in der Geschichte der Bundesrepublik, verabschiedete sich mit einer emotionalen Rede, in der sie laut FAZ die "Hyperinfantilisierung der Politik" kritisierte und die Grünen dazu aufrief, sich nicht länger als "Staubsaugervertreter der Demokratie" aufzuspielen. Wie die SZ berichtet, wurde Lang während ihrer Amtszeit massiven Anfeindungen ausgesetzt und war auf dem Parteitag von Personenschützern begleitet.
Mit Franziska Brantner und Felix Banaszak wählte der Parteitag laut ZDF ein neues Führungsduo. Brantner, die zuvor als Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium gearbeitet hatte, erhielt 78 Prozent der Stimmen. Banaszak, Bundestagsabgeordneter aus Nordrhein-Westfalen, wurde mit fast 93 Prozent gewählt. Wie das ZDF weiter berichtet, verliefen die Debatten auf dem Parteitag weitgehend harmonisch und kontroverse Themen wurden vermieden. Der Fokus lag klar auf der Unterstützung Habecks.
Habeck selbst räumte in seiner Rede laut SZ Selbstzweifel ein und sprach über Rücktrittsgedanken. Er betonte die Notwendigkeit, dem rauen Ton in der deutschen Politik mit Gesprächsbereitschaft zu begegnen. Wie Cicero berichtet, benannte Habeck drei Bedrohungen der Freiheit: Autokraten wie Putin, Populisten und den Klimawandel. Er fügte jedoch eine vierte hinzu: die persönliche Resignation. Cicero interpretiert dies als Ausdruck der aktuellen Lage der Grünen, die nach den politischen Schlachten nun verstärkt mit Selbstzweifeln kämpfen.
Habeck soll den Wahlkampf zusammen mit Annalena Baerbock als "Spitzenduo" führen, wie der Spiegel berichtet. In seiner Rede verteidigte er die Regierungspolitik der Grünen und kritisierte die Energiepolitik der Vorgängerregierungen. Er warnte vor einer erneuten Großen Koalition und plädierte für Optimismus. Wie der Spiegel weiter berichtet, erinnerte er sich an einen Satz, den er seinem Sohn beim Schwimmenlernen mitgegeben hatte: "Du musst dich bewegen, sonst gehst du unter." Dies sei nun sein Motto für den Wahlkampf.
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