Die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Ehe und mentaler Gesundheit ist ein wiederkehrendes Thema in der Forschung. Eine aktuelle Studie, veröffentlicht in Nature Human Behaviour, liefert neue Erkenntnisse zu diesem komplexen Verhältnis. Die Studie, die Daten von über 125.000 Probanden aus sieben Ländern (USA, Großbritannien, Mexiko, Irland, Korea, China und Indonesien) analysierte, legt nahe, dass verheiratete Menschen ein geringeres Risiko haben, an Depressionen zu erkranken, als Alleinstehende. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, war das Risiko für depressive Symptome bei Unverheirateten um 80 Prozent erhöht.
Die Studie, die von Kefeng Li von der Macao Polytechnic University geleitet wurde, umfasste eine große und vielfältige Stichprobe, die repräsentativ für rund 541 Millionen Menschen ist. Fast 21.000 Teilnehmer wurden über einen Zeitraum von bis zu 18 Jahren wiederholt befragt. Dabei zeigte sich, dass Geschiedene und Getrenntlebende ein noch höheres Risiko für depressive Symptome aufwiesen (99 Prozent höher als bei Verheirateten), während das Risiko bei Verwitweten um 64 Prozent erhöht war.
Die Ergebnisse variierten jedoch je nach Herkunftsland, Geschlecht und Bildungsstand. In westlichen Ländern war das Risiko für Depressionen bei Unverheirateten tendenziell höher als in östlichen Kulturen. Besonders betroffen waren gut gebildete, alleinstehende Männer aus den USA, Großbritannien und Irland. Auch in China und Korea zeigten alleinstehende Männer ein höheres Depressionsrisiko als alleinstehende Frauen. Die Forscher vermuten, dass Frauen im Durchschnitt über stärkere soziale Netzwerke verfügen und daher als Singles mehr Unterstützung erfahren.
Ein weiterer Faktor, der in der Studie untersucht wurde, war der Konsum von Alkohol und Tabak. Unverheiratete konsumierten im Schnitt mehr Alkohol und Tabak, was bekanntermaßen mit einem erhöhten Depressionsrisiko verbunden ist. Die Forscher betonen jedoch, dass es sich bei den Ergebnissen um Korrelationen handelt und keine Kausalzusammenhänge abgeleitet werden können. Es bleibt offen, ob Partnerlosigkeit zu Depressionen führt oder ob depressive Menschen Schwierigkeiten haben, einen Partner zu finden.
Die Bedeutung sozialer Unterstützung wird auch von anderen Studien unterstrichen. So berichtete die Tagesschau über eine Studie, die zeigt, dass Alleinstehende häufiger depressive Symptome aufweisen als Menschen in festen Beziehungen. Diese Ergebnisse wurden in verschiedenen Kulturen beobachtet, wobei der Effekt in westlichen Ländern stärker ausgeprägt war als in asiatischen Ländern. Die Forscher vermuten, dass dies auf Unterschiede im Community-Denken und im Umgang mit negativen Gefühlen zurückzuführen sein könnte.
Auch die Rolle von Einsamkeit wird in diesem Zusammenhang diskutiert. Der Gesundheitspsychologe Nicolas Rohleder von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg betont, dass Einsamkeit ein wichtiger Faktor für die Entstehung von Depressionen sein kann. Menschen in Partnerschaften sind seltener einsam, was zu ihrer besseren mentalen Gesundheit beitragen könnte. Rohleder betont jedoch, dass eine feste Beziehung nicht die einzige Möglichkeit ist, Einsamkeit zu bekämpfen. Soziale Netzwerke und Community-Engagement können ebenfalls dazu beitragen, das Risiko für Depressionen zu senken.
Die Forschungsergebnisse unterstreichen die Komplexität des Zusammenhangs zwischen Ehe, Partnerschaft und mentaler Gesundheit. Während eine stabile Beziehung positive Auswirkungen auf das Wohlbefinden haben kann, ist sie kein Garant für psychische Gesundheit. Weitere Forschung ist notwendig, um die zugrundeliegenden Mechanismen besser zu verstehen und gezielte Präventionsmaßnahmen zu entwickeln.
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