October 3, 2024
Ein Weg zur Einheit: Rückblick und Ausblick auf die Demokratie in Deutschland

„Demokratie ist nicht gottgegeben“

Frankfurt feierte den Tag der Deutschen Einheit mit einem Bürgerfest. In der Paulskirche erinnerte die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth an den langen Weg zur Wiedervereinigung. „Wir müssen den Menschen mehr Vertrauen schenken“, sagte Süssmuth laut einem Bericht der F.A.Z. vom 03.10.2024. Jahrzehntelang habe man auf die Wiedervereinigung hingearbeitet und dabei immer wieder Rückschläge erlitten, doch aufgegeben habe man nie.

Vielleicht auch deswegen, weil schon im vor 75 Jahren beschlossenen Grundgesetz die Hoffnung auf eine Wiedervereinigung angelegt war. Das zeigte auch eine Ausstellung auf dem Römerberg aus Anlass des Feiertags. Mit der Bezeichnung Grundgesetz sollte zum Ausdruck gebracht werden, dass es sich bei der Verfassung nur um ein Provisorium handelt. Denn die westdeutschen Ministerpräsidenten waren der Meinung, dass der Begriff eine staatliche Ordnung beschreibt, „die mehr ist als nur ein Staatsfragment, aber weniger als ein vollständiger Staat“.

Erinnerung an historische Ereignisse

Vor 175 Jahren wurde die Paulskirchenverfassung beschlossen, vor 35 Jahren erlebte das Land eine friedliche Revolution: Daran erinnerte Frankfurts Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) während des Festakts. Demokratie sei nicht „gottgegeben“. Sie sei immer nur so stark wie die Menschen, die für sie einträten. Rita Süssmuth sei immer „mit klarer Kante“ und über Parteigrenzen hinweg für die Freiheit eingetreten. Als Schüler habe sie ihm imponiert. Die heute 87 Jahre alte promovierte Erziehungswissenschaftlerin sagte, der 3. Oktober sei ein „mutmachender Tag“. In Zeiten, in denen man „zwischen nationalistischem und europäischem Geist herumhampelt“, erinnere er auch an den Wert europäischer Einheit.

In Süssmuths Amtszeit als Bundestagspräsidentin fielen historische Ereignisse wie der Fall der Mauer, die Wiedervereinigung und der Zusammenbruch des Ostblocks. Der ehemalige sowjetische Präsident Michail Gorbatschow „war ein Mann, mit dem man reden konnte“, sagte Süssmuth. Auch heute solle man wieder mehr miteinander sprechen und weniger streiten.

Mehr Dialog zwischen Ost und West gefordert

Mehr Dialog forderte auch Hannes Kaulfersch. Der ehemalige Frankfurter Stadtschulsprecher und Träger der Bürgermedaille sagte in der anschließenden Podiumsdiskussion in der Paulskirche, er wünsche sich einen Schüleraustausch zwischen Schulen in West- und Ostdeutschland. Nur selten sei er während seiner Schulzeit ins Gespräch mit Jugendlichen aus Ostdeutschland gekommen.

Diskutiert wurde früher oft auf Marktplätzen, wie die Ausstellung auf dem Römerberg zeigte. Von der Agora in der antiken Polis über die Freiheitsbäume der Französischen Revolution bis zu den Montagsdemonstrationen der Jahre 1989 und 1990 war der Marktplatz Ausgangspunkt für politische Bewegungen. Grundrechte wie die Meinungsäußerungs- und Pressefreiheit sind schon vor 175 Jahren niedergeschrieben worden: Das zeigt ein Vergleich der Paulskirchenverfassung von 1849 mit dem Grundgesetz von 1949. Eine Kopie des 175 Jahre alten Textes konnten sich Besucher des Bürgerfests auf einer Druckerpresse von 1849 anfertigen lassen.

Quelle: https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/frankfurt/frankfurt-feiert-tag-der-deutschen-einheit-110024998.html

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