Vor knapp einem Jahr, am 4. November 2023, hielt ein 36-jähriger Mann den Hamburger Flughafen in Atem. Er hatte seine vierjährige Tochter aus der Wohnung seiner Ex-Frau im niedersächsischen Stade entführt und war mit ihr zum Flughafen gefahren. Dort durchbrach er mit einem Mietwagen mehrere Schranken, drang auf das Vorfeld vor und warf Brandsätze. Wie die Zeit berichtet, schoss er zudem mit einer Pistole in die Luft und drohte, sich und das Kind in die Luft zu sprengen. Nach über 18 Stunden konnten die Einsatzkräfte den Mann überwältigen. Der vermeintliche Sprengstoffgürtel entpuppte sich als Attrappe.
Der Flugverkehr war für über 20 Stunden unterbrochen, was europaweite Auswirkungen hatte und dem Flughafen einen Schaden von rund einer halben Million Euro verursachte. Wie die dpa meldet, wurde der Mann am 25. Juni vom Landgericht Hamburg wegen Geiselnahme in Tateinheit mit Entziehung Minderjähriger, Körperverletzung und mehreren Verstößen gegen das Waffengesetz zu zwölf Jahren Haft verurteilt.
Doch das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Verteidigung des 36-Jährigen legte Revision ein. Die Akte liegt derzeit bei der Hamburger Generalstaatsanwaltschaft. Erst nach deren Stellungnahme geht die Revision an den Bundesgerichtshof. Dies geht aus Berichten der dpa hervor, die unter anderem von der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht wurden.
Der Hamburger Flughafen hat nach dem Vorfall seine Sicherheitsmaßnahmen deutlich verstärkt. Die Nordtorwache, die der Geiselnehmer innerhalb von Sekunden durchbrochen hatte, wurde als erstes verstärkt. Zufahrten in der Nähe des Geschäftsfliegerzentrums wurden mit massiven Falttoren und versenkbaren Pollern ausgestattet. Auch die Notfall-Tore sollen auf diese Weise gesichert werden. Aktuell wird der 16 Kilometer lange Außenzaun mit einer weiteren Lage Stacheldraht aufgerüstet. Ab Ende des Jahres soll moderne Sensortechnik installiert werden, und Tests für zusätzliche Überwachungskameras laufen bereits. Der Flughafen investiert in diesem Jahr 4 Millionen Euro in die Sicherheit, bis 2027 stehen weitere 15 Millionen Euro zur Verfügung. Diese Informationen wurden unter anderem vom Stern veröffentlicht.
Der Prozess gegen den Geiselnehmer begann im April 2024. Wie der NDR berichtete, hatte der Mann die Taten weitgehend gestanden. Als Motiv gab er den Sorgerechtsstreit um seine Tochter an. Ein Gericht hatte der Mutter drei Monate vor der Geiselnahme das alleinige Sorgerecht zugesprochen. Wie aus verschiedenen Medienberichten, unter anderem des RND, hervorgeht, war der Mann bereits wegen einer vorherigen Kindesentziehung vorbestraft. Im März 2022 war er mit dem damals dreijährigen Kind eigenmächtig in die Türkei gereist.
Im Prozess wurde der Angeklagte von einer psychiatrischen Sachverständigen als voll schuldfähig eingestuft. Er habe eine auffällige Persönlichkeitsstruktur, sei narzisstisch, respektlos und überheblich, aber nicht psychisch krank. Die Entscheidung über das Sorgerecht habe ihn massiv gekränkt. Wie die Welt berichtet, zeigte der Angeklagte während des Prozesses und der Urteilsverkündung wenig Reue und protestierte lautstark gegen den Schuldspruch.
Quellen:
- Zeit Online - Süddeutsche Zeitung - Stern - NDR - RND - Welt - dpa - Grafschafter Nachrichten - MSN