Das Frankfurter Kriminalmuseum, ein Ort der spannenden und tragischen Geschichten rund um die Kriminalität in der Mainmetropole, zieht immer mehr Besucher in seinen Bann. Wie die Leiterin Anja Lange berichtet, ist das Interesse an True Crime ungebrochen. Das Museum, das einst als kriminaltechnische Lehrmittelsammlung begann und dessen Anfänge bis 1920 zurückreichen, ist seit 2003 für die Öffentlichkeit zugänglich.
«Was für die Besucher besonders spannend ist, ist noch immer die Nitribitt», erklärt Lange gegenüber der Zeit. Der Mord an der Frankfurter Edelprostituierten Rosemarie Nitribitt in den 1950er Jahren, dessen Kunden aus den höchsten Kreisen stammten, erregte damals große Aufmerksamkeit und fasziniert bis heute. Der bis heute ungeklärte Fall wird im Museum mit alten Bildern, Zeitungsartikeln und Büchern dargestellt. Bis zum Jahr 2008 war dort sogar Nitribitts Schädel zu sehen, bevor er auf Wunsch ihrer Schwester ebenfalls in ihrem Grab beigesetzt wurde.
Neben dem Fall Nitribitt werden auch andere spektakuläre Kriminalfälle aus Frankfurt anhand von Fotos, Schautafeln und skurrilen Gegenständen erzählt. Darunter der Fall des sogenannten Hammermörders, der 1990 mehrere Menschen, zumeist Obdachlose, erschlug und sich nach seiner Verhaftung erhängte, der sechsfache Mord in einem Bordell im noblen Stadtteil Westend oder der Fall einer vergewaltigten und getöteten 16-Jährigen, bei dem der Täter erst 25 Jahre später dank neuer DNA-Technik überführt werden konnte.
In dem kleinen Museum, das sich im Keller des Frankfurter Polizeipräsidiums befindet, ist sogar ein Original-Tatort ausgestellt: der hintere Teil eines Wohnwagens, in dem 2021 am Ostpark eine Frau getötet wurde. «Sie sehen hier noch die echten Blutspritzer», sagt Polizeibeamtin Anja Lange und zeigt auf die zerschlissene Wand des Mobils.
Die Besucherinnen und Besucher erhalten Einblicke in die teils akribische Arbeit der Ermittler, zum Beispiel im Fall einer ermordeten Ehefrau aus dem Jahr 2019. Ihr Mann hatte sie laut Gerichtsurteil getötet und die Leiche in einen Müllcontainer geworfen, um in ihrer Eigentumswohnung mit seiner Geliebten zu leben. Um Beweise zu sichern, musste die Polizei in einer Mülldeponie 24 Tage lang nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen suchen. «Es wurden 22.000 Tonnen Schlacke, das ist verbrannter Müll, durchsucht», sagt Lange. 601 Knochen wurden dabei gefunden, darunter drei menschliche. Alle drei stammten von der getöteten Frau.
Präsentiert werden auch die Geschichten des Bombenattentats auf das Kaufhaus Schneider auf der Zeil (1968), an dem die späteren RAF-Terroristen Andreas Baader und Gudrun Ensslin beteiligt waren, oder die Proteste gegen die Startbahn West, bei denen 1987 zwei Frankfurter Polizisten ums Leben kamen. Sogar ein tierisches Exponat gibt es zu bestaunen: die Brieftaube «Charlie», ausgestopft. Sie spielte eine wichtige Rolle in einem der größten Erpressungsfälle der Nachkriegsgeschichte. Der sogenannte Thomy-Erpresser hatte in den 1990er-Jahren Lebensmittel mit Blausäure vergiftet und vom Nestle-Konzern Diamanten im Wert von 25 Millionen Mark gefordert. Diese sollten per Brieftauben übermittelt werden. Doch die Tiere wurden nicht mit Edelsteinen, sondern mit Peilsendern ausgestattet, und «Charlie» führte zum Aufenthaltsort des Täters.
Zudem sind diverse Drogen, gefälschte Geldnoten und Ausrüstung der Polizei zu sehen. So können die Besucher beispielsweise eine SEK-Schutzweste anheben - die Ausrüstung inklusive Helm wiegt gut 30 Kilogramm. Und in einer Vitrine liegen zwei Pistolenattrappen, die in einem Gefängnis aus Buchrücken und Marmeladentuben hergestellt wurden. Vor mehr als 50 Jahren gelang damit Insassen der Ausbruch.
In einem Extra-Raum wird zudem die Geschichte der Frankfurter Polizei auf Schautafeln erzählt. Das Museum soll aber nicht nur unterhalten, sondern, wie Lange betont, auch für die Tätigkeit der Polizei sensibilisieren. «Wir versuchen, unsere Arbeit darzustellen, transparent zu machen und dafür vielleicht auch ein bisschen Verständnis zu bekommen». Gerade in der heutigen Zeit, wo Rettungskräfte, Polizei und Feuerwehr immer wieder angepöbelt oder respektlos behandelt würden, sei das wichtig. Die Krimis im Fernsehen gingen an der Realität der Polizei oftmals vorbei.
Wer das Frankfurter Kriminalmuseum besuchen will, muss mindestens 14 Jahre alt sein und sich vorab anmelden. Der Besuch ist kostenfrei, aber nur mit Führung möglich.
Quellen:
- https://www.zeit.de/news/2024-10/13/kriminalmuseum-zeigt-spektakulaere-faelle-der-polizei - https://www.sueddeutsche.de/panorama/fuer-true-crime-fans-frankfurter-kriminalmuseum-zeigt-spektakulaere-faelle-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-241012-930-25895