September 10, 2024
Klimawandel und Wein: Wie sich Hitze auf Geschmack und Anbau auswirkt

Wissenschaft: Reben in der Hitze: Neuer Weingeschmack durch Klimawandel?

Der Klimawandel stellt die Weinbranche vor erhebliche Herausforderungen. Hohe Temperaturen, lange Trockenperioden und unregelmäßige Niederschläge beeinflussen nicht nur die Anbaumethoden, sondern auch den Geschmack des Weins. In traditionellen Anbaugebieten, wie dem Elsass und Bordeaux, könnte die Weinlese bald früher stattfinden als gewohnt, was auf die veränderten klimatischen Bedingungen zurückzuführen ist.

Eine Studie von Bordeaux Sciences Agro, geleitet von Cornelis van Leeuwen, hebt hervor, dass die Weinqualität besonders empfindlich auf die Temperatur während der Traubenreife reagiert. Höhere Temperaturen führen zu einem Rückgang des Apfelsäureanteils in den Trauben und beeinflussen die Kaliumwerte, was zu einem niedrigeren pH-Wert führt. Diese Veränderungen wirken sich direkt auf das Geschmacksprofil des Weins aus.

Die steigenden Temperaturen bewirken, dass Weine weniger das Aroma frischer Früchte aufweisen und stattdessen oft Noten von überreifem oder gekochtem Obst entwickeln. Dies liegt unter anderem an der Abnahme der Säure, die für die Frische des Weins entscheidend ist. Ein niedrigerer Säuregehalt kann zudem die mikrobiologische Stabilität des Weins beeinträchtigen, was zu unerwünschten Fehlgeschmäckern führen kann.

Ein weiterer Aspekt ist der steigende Zuckergehalt in den Trauben, der auch die Alkoholmenge im fertigen Wein erhöht. In den letzten Jahren wurden in den Weinregionen Elsass und Bordeaux bereits höhere Alkoholwerte festgestellt. Weinkritiker äußern Bedenken über Weine mit einem Alkoholgehalt von 13 bis 15 Prozent, die oft als "kopfig" und "heiß" beschrieben werden.

Zusätzlich zu den Temperaturveränderungen können auch Waldbrände, die durch den Klimawandel begünstigt werden, den Geschmack des Weins beeinflussen. In Australien wurde bereits ein rauchiger Geschmack, der an verbrannte Asche erinnert, in Weinen festgestellt, was die Herausforderungen für die Weinproduzenten weiter erhöht.

Die Weinbranche hat verschiedene Ansätze entwickelt, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Das französische Weininstitut schlägt vor, durch gezielte Weinbautechniken die negativen Effekte der Klimaveränderungen zu minimieren. Dazu gehören die Auswahl geeigneter Mikroorganismen, die Entzuckerung des Mosts, die Verringerung des Alkoholgehalts und die Säuerung der Weine.

In Deutschland setzen Winzer ebenfalls auf Anpassungen. Der Klimafolgenexperte Heiko Paeth von der Universität Würzburg betont, dass viele Winzer bestrebt sind, die Stilistik und Typizität ihrer Weine zu bewahren, um den Anforderungen des Marktes gerecht zu werden. Der deutsche Weinmarkt ist traditionell konservativ, und viele Verbraucher bevorzugen fruchtige, trockene Weißweine.

Um die gewünschten Geschmacksprofile zu erhalten, nutzen Winzer verschiedene ökologische Techniken. Ein Beispiel ist der Blattschnitt, der dazu dient, die Trauben vor übermäßiger Sonneneinstrahlung zu schützen und so den Zuckergehalt zu regulieren. Dies ist besonders wichtig, um die Balance zwischen Süße und Säure im Wein zu wahren.

Ein weiterer Ansatz ist die Erprobung neuer Rebsorten, die besser an die sich verändernden klimatischen Bedingungen angepasst sind. In Franken, einer der bedeutendsten Weinregionen Deutschlands, haben Winzer bereits begonnen, ihre Anbauflächen zu diversifizieren. Die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau untersucht, wie sich das Klima in den nächsten Jahrzehnten entwickeln wird, um geeignete Anbaugebiete für hitzebeständige Rebsorten zu identifizieren.

Die Forschung hat ergeben, dass bis zum Ende des Jahrhunderts zwischen 20 und 70 Prozent der Anbaufläche in traditionellen europäischen Weinregionen verloren gehen könnte, abhängig von der Schwere der globalen Erwärmung. Dies könnte weitreichende Folgen für die Weinproduktion und die damit verbundenen kulturellen Traditionen haben.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Klimawandel die Weinbranche vor große Herausforderungen stellt, sowohl in Bezug auf die Anbaumethoden als auch auf die Geschmacksprofile der Weine. Winzer und Forscher arbeiten jedoch intensiv daran, Lösungen zu finden, um die Qualität und Vielfalt der Weine auch unter veränderten klimatischen Bedingungen zu erhalten. Die Anpassung an diese Veränderungen wird entscheidend sein, um die Zukunft des Weinbaus zu sichern.

Quellen: Zeit Online, Stern, Westdeutsche Zeitung.

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