19.10.2024
Kriminalität kennt keine Nationalität

Polizeipräsident: Straffälligkeit ist keine Frage der Nationalität

In einem aktuellen Interview äußerte sich Polizeipräsident Torsten Krückemeier zu den kontroversen Diskussionen über die Nennung der Nationalität von Straftätern in Polizeimeldungen. Insbesondere nach zwei sexuellen Übergriffen in der Wetterau, bei denen der Täter identifiziert wurde, stellte sich die Frage, welche Rolle die Nationalität in der Berichterstattung spielt und ob sie für die Taten relevant ist.

Krückemeier betonte, dass es nicht „den Deutschen“ oder „den Ausländer“ gebe. Kriminalität sei ein Phänomen, das in allen Gesellschaften vorkomme und nicht an eine bestimmte Nationalität gebunden sei. Er verwies auf die Bedeutung des Grundgesetzes, das seit 75 Jahren als Fundament für Freiheit, Sicherheit und Wohlstand in Deutschland dient. „Wir müssen uns als Gesellschaft an gewisse Spielregeln halten“, sagte er. Die Nationalität spiele bei sexuellen Straftaten keine Rolle, weder bei Missbrauch noch bei anderen Formen der Belästigung.

Die Diskussion um die Nennung der Nationalität von Tatverdächtigen ist nicht neu. In Nordrhein-Westfalen plant die Landesregierung, die Nationalität von Verdächtigen in Pressemitteilungen künftig generell zu nennen. Dies wird von einigen als Schritt in Richtung mehr Transparenz angesehen, während Kritiker befürchten, dass dies zu einer Stigmatisierung von Ausländern führen könnte. Krückemeier äußerte sich skeptisch zu dieser Praxis und wies darauf hin, dass die jährliche Kriminalstatistik bereits umfassende Informationen über die Kriminalität in Deutschland bereitstelle.

Er argumentierte, dass die Nennung der Nationalität allein nicht ausreiche, um ein differenziertes Bild von Kriminalität zu vermitteln. Vielmehr seien soziale Faktoren entscheidend, die zur Kriminalität führen. „Der Pass alleine ist kein hinreichend differenziertes Kriterium für die Zuschreibung von Kriminalität“, erklärte er. Dies sei besonders relevant, wenn man bedenke, dass viele Tatverdächtige die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen haben, aber dennoch aus anderen kulturellen Hintergründen stammen.

Krückemeier wies darauf hin, dass junge Männer in allen Kulturen überproportional häufig straffällig werden. Dies sei ein allgemeines gesellschaftliches Phänomen, das nicht auf eine bestimmte Nationalität beschränkt sei. Er betonte die Notwendigkeit, die Ursachen von Kriminalität zu erforschen, anstatt sich auf die Nationalität der Täter zu konzentrieren. „Wenn wir die Nationalität bei jedem Einbruch oder jeder Körperverletzung nennen würden, müssten wir bei der Hälfte der Fälle von deutschen Tatverdächtigen sprechen und bei der anderen Hälfte von nicht-deutschen“, so Krückemeier.

Die Frage der Nennung der Nationalität in Polizeimeldungen wird auch von anderen Polizeipräsidenten in Deutschland unterschiedlich bewertet. Während einige Bundesländer bereits die Nationalität von Tatverdächtigen in ihren Mitteilungen nennen, halten sich andere an den Pressekodex, der vorsieht, dass die Nationalität nur dann genannt werden sollte, wenn ein begründetes öffentliches Interesse besteht. Die Diskussion zeigt, wie sensibel das Thema ist und wie wichtig es ist, die Balance zwischen Transparenz und der Vermeidung von Diskriminierung zu finden.

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die Frage der Straffälligkeit und der Nationalität komplex ist und nicht auf einfache Erklärungen reduziert werden kann. Kriminalität ist ein vielschichtiges Problem, das tiefere gesellschaftliche Ursachen hat, und die Nennung der Nationalität allein wird diese Probleme nicht lösen.

Die Diskussion um die Nennung der Nationalität von Tatverdächtigen wird sicherlich weitergehen, und es bleibt abzuwarten, wie sich die politischen und gesellschaftlichen Debatten in den kommenden Monaten entwickeln werden.

Quellen: F.A.Z., Schwäbische.de, Welt.de, Stern.de

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