Finanzminister Christian Lindner hat mit einem 18-seitigen Grundsatzpapier zur „Wirtschaftswende Deutschland“ einen neuen Vorstoß in der Ampelkoalition gewagt. Das Dokument, über das der Spiegel und der Stern zuerst berichteten, skizziert Lindners Vision für eine wirtschaftliche Kehrtwende in Deutschland und enthält eine Reihe von Vorschlägen, die potenziell zu Konflikten mit den Koalitionspartnern SPD und Grüne führen könnten. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, wird das Papier innerhalb der Koalition als „Angriff auf 18 Seiten“ wahrgenommen.
Lindners Forderungen reichen von einer grundlegenden Revision politischer Entscheidungen bis hin zu konkreten Maßnahmen wie der sofortigen Abschaffung des Solidaritätszuschlags. Er argumentiert, dass Deutschland einen neuen finanziellen und regulatorischen Spielraum benötige, um auf die veränderten globalen Rahmenbedingungen reagieren zu können. Als Vorbild nennt er erfolgreiche „Turn-Around-Stories“ aus der deutschen Wirtschaftsgeschichte.
Ein zentraler Punkt des Papiers ist die Beibehaltung der Schuldenbremse, ein Anliegen, das insbesondere von den Grünen in Frage gestellt wurde. Auch neue Sondervermögen lehnt Lindner ab. Stattdessen setzt er auf Deregulierung und einen Stopp aller neuen Regulierungen für die nächsten drei Jahre. Dies betrifft unter anderem das Tariftreuegesetz, das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz und das Entgelttransparenzgesetz, Initiativen, die hauptsächlich von der SPD vorangetrieben wurden.
Der Vorstoß von Lindner erfolgt nur wenige Tage, nachdem Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ebenfalls ein Papier mit Vorschlägen zur Konjunkturbelebung vorgelegt hatte, ohne sich zuvor mit Lindner und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) abgestimmt zu haben. Lindner hingegen informierte das Kanzleramt vor der Veröffentlichung seines Papiers, wie der Spiegel berichtet.
Die Reaktionen innerhalb der Ampelkoalition sind gemischt. Während in der FDP die Notwendigkeit einer Wirtschaftswende betont wird, gibt es bei SPD und Grünen Bedenken hinsichtlich einiger der vorgeschlagenen Maßnahmen. Insbesondere die Forderung nach einer sofortigen Abschaffung des Soli und der Stopp von Regulierungen dürften zu neuen Spannungen führen. Wie die Tagesschau berichtet, steht die Ampelkoalition vor großen Herausforderungen und es bleibt abzuwarten, inwieweit Lindners Vorschläge umgesetzt werden können.
Die Diskussion um die Zukunft der Ampelkoalition wird auch innerhalb der FDP geführt. Bundesverkehrsminister Volker Wissing sprach sich laut BR24 für einen Verbleib der FDP in der Regierung aus und kritisierte Forderungen nach einer Auflösung der Koalition. Er betonte, dass es die Bürger seien, die über die Mehrheitsbildung entscheiden.
Die Debatte um die Wirtschaftspolitik und die Zukunft der Ampelkoalition wird weitergehen. Es bleibt abzuwarten, ob Lindners Grundsatzpapier einen Beitrag zur Lösung der aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen leisten kann oder ob es zu einer weiteren Verschärfung der innerkoalitionären Konflikte führt.