Die JVA Augsburg-Gablingen steht im Zentrum eines Skandals, der das bayerische Justizministerium unter immensen Druck setzt. Wie die Zeit am 30. Oktober 2024 berichtete, haben die Anwälte der vorläufig suspendierten stellvertretenden Gefängnisleiterin, gegen die Vorwürfe der Häftlingsmisshandlung erhoben werden, einen Brief an Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gerichtet. In diesem fordern sie Söder auf, dem Justizministerium die Aufsichtsbefugnis im Fall der JVA Augsburg-Gablingen zu entziehen.
Die Anwälte Alexander Stevens und Holm Putzke argumentieren, das Ministerium habe bereits seit einem Jahr Kenntnis von den Vorwürfen gehabt und dennoch keine ausreichenden Maßnahmen ergriffen. Dieses Unterlassen werten sie als potentielle „Körperverletzung im Amt durch Unterlassen“. Wie die dpa berichtet, befürchten die Anwälte Verdunklungsgefahr, sollte das Ministerium weiterhin in die Ermittlungen involviert bleiben. Sie haben zudem eine Anzeige gegen Unbekannt wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt durch Unterlassen bei der Staatsanwaltschaft München erstattet.
Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) hat auf die Vorwürfe reagiert und eine Stellungnahme angekündigt. Er will die Öffentlichkeit über den aktuellen Stand der Ermittlungen informieren und am 7. November im Landtagsausschuss für Verfassung und Recht Bericht erstatten. Eisenreich betont die Notwendigkeit einer rückhaltlosen Aufklärung der „gravierenden Vorwürfe“. Wie die Süddeutsche Zeitung am 30. Oktober 2024 berichtete, betonte Eisenreich, dass Straftaten im Justizdienst inakzeptabel seien.
Die Oppositionsparteien üben scharfe Kritik am Vorgehen des CSU-geführten Justizministeriums. Die Grünen im Landtag haben einen umfangreichen Fragenkatalog an die Staatsregierung gerichtet. Toni Schuberl, Sprecher für Recht der Grünen, äußerte sein Befremden darüber, dass nicht früher eine intensive Kontrolle der JVA stattgefunden habe. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, sieht er ein Versagen des gesamten Systems. Auch Carmen Wegge, Sprecherin für Recht und Justiz der SPD-Landesgruppe Bayern im Bundestag, kritisiert das späte Eingreifen des Ministeriums. Wie stern.de am 30. Oktober 2024 berichtete, hinterfragte sie das Handeln des Ministers und seines Ministeriums nach Bekanntwerden der Misshandlungsvorwürfe.
Die Ermittlungen gegen mehrere Mitarbeiter der JVA Augsburg-Gablingen wegen möglicher Häftlingsmisshandlung wurden am Wochenende öffentlich. Weder die Staatsanwaltschaft Augsburg noch das Justizministerium haben Angaben zur Anzahl der Beschuldigten gemacht. Es wurde jedoch bestätigt, dass Disziplinarmaßnahmen eingeleitet und Betretungsverbote für die JVA verhängt wurden. Das Ministerium räumte ein, seit einem Jahr von den Vorwürfen zu wissen. Augsburg.tv berichtete am 29. Oktober 2024 über die Forderung der Politik nach umfassender Aufarbeitung der Vorwürfe.
Im Zentrum der Ermittlungen steht der Anfangsverdacht der Körperverletzung im Amt. Zu den Beschuldigten zählt auch die stellvertretende JVA-Leiterin, die die Vorwürfe über ihre Anwälte zurückweist. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung am 29. Oktober 2024 berichtete, wusste das Ministerium bereits seit einem Jahr von den Misshandlungsvorwürfen. Die damalige Anstaltsärztin hatte sich im Oktober 2023 an das Ministerium gewandt. Radio Euroherz berichtete ebenfalls am 29. Oktober 2024 über die lange Kenntnis des Ministeriums von den Vorwürfen. Radio Arabella berichtete am 17. Juli 2024 über die damalige Anstaltsärztin und ihre Eingabe an das Ministerium.
Die Vorwürfe umfassen unter anderem die Unterbringung von Gefangenen ohne Kleidung in besonders gesicherten Hafträumen, ohne dass die Voraussetzungen dafür gegeben waren, sowie tätliche Übergriffe von JVA-Mitarbeitern auf Gefangene. Der Bayerische Rundfunk zitierte einen ehemaligen Häftling, der von Schlägen und Tritten, auch ins Gesicht, berichtete, nachdem er gefesselt worden war. Er gab an, anschließend mehrere Tage nackt und allein in einem besonders gesicherten Haftraum verbracht zu haben. OneTz berichtete am 29. Oktober 2024 ebenfalls über die Vorwürfe und die Stellungnahme des Justizministers.
Quellen: