Polioviren im Abwasser: Ein Appell zur Impfstatus-Überprüfung
Das Robert Koch-Institut (RKI) hat Polioviren in Abwasserproben verschiedener deutscher Städte entdeckt. Wie die Zeit berichtet, hält auch das Niedersächsische Landesgesundheitsamt (NLGA) das Vorkommen von Polioviren im niedersächsischen Abwasser für möglich. NLGA-Präsident Fabian Feil unterstrich die Wichtigkeit von hohen Hygienestandards und einer vollständigen Impfung der Bevölkerung, um das Infektionsrisiko zu minimieren. "Zwei Faktoren sind dafür ausschlaggebend: hohe Hygienestandards und eine umfassende Durchimpfung der Bevölkerung", wird Feil in der Zeit zitiert.
Die im Abwasser gefundenen Viren stammen von der oralen Schluckimpfung mit abgeschwächten, jedoch lebenden Polioviren. Diese Impfmethode wird in Deutschland nicht mehr verwendet, ist aber in anderen Ländern, vor allem in Asien und Afrika, noch gängig. Wie das RKI Anfang der Woche bekannt gab, wurden die Erreger in den Kläranlagen von München, Bonn, Köln, Hamburg, Dresden, Düsseldorf und Mainz nachgewiesen. Wie Der Standard und andere Quellen berichten, dienen diese Funde im Abwasser als Frühwarnsystem.
Obwohl in Deutschland keine akuten Polio-Erkrankungen bekannt sind, ruft das NLGA die Bevölkerung dazu auf, den eigenen Impfstatus zu überprüfen und gegebenenfalls fehlende Impfungen nachzuholen. Laut NLGA-Präsident Fabian Feil besteht bei unzureichender Durchimpfung ein Risiko für die Bevölkerung. Er betonte die gute Verträglichkeit und Wirksamkeit des Impfstoffs. Ein vollständiger Impfschutz besteht aus mindestens drei Impfungen im Kindesalter und einer Auffrischungsimpfung zwischen 9 und 16 Jahren. Auch Erwachsene können eine Grundimmunisierung erhalten.
Polioviren werden hauptsächlich über Schmierinfektionen übertragen. In seltenen Fällen können bleibende Lähmungen oder Hirnhautentzündungen auftreten. Meistens verlaufen Infektionen jedoch mild oder symptomlos. Trotzdem können auch symptomlose Personen das Virus weitergeben. Das NRW-Gesundheitsministerium erklärte, dass es sich bei den im Abwasserfrühwarnsystem gefundenen Viren um vom Schluckimpfstoff abgeleitete Polioviren (VDPV) handelt.
Die Polio-Impfquote in Niedersachsen ist während der Corona-Pandemie gesunken. Lag sie für den Geburtsjahrgang 2019 noch bei 94,2 Prozent, sank sie in den Folgejahren auf 88,2 Prozent (2020) und 86,6 Prozent (2021). Experten wie Roman Wölfel, Leiter des Institutes für Mikrobiologie der Bundeswehr in München, unterstreichen die Bedeutung einer hohen Impfquote, um die Verbreitung der Impfviren und deren Mutation zu gefährlicheren Formen zu verhindern.
Das NRW-Gesundheitsministerium gibt Entwarnung in Bezug auf das Trinkwasser. Durch die mehrstufige Aufbereitung des Trinkwassers in Deutschland werden Krankheitserreger und Schadstoffe effektiv eliminiert.
Quellen:
- Zeit Online: https://www.zeit.de/news/2024-12/06/aufruf-zur-polio-impfung-nach-funden-im-abwasser
- WDR: https://www1.wdr.de/nachrichten/polio-virus-abwasser-100.html
- BR: https://www.br.de/nachrichten/wissen/erreger-der-kinderlaehmung-im-muenchner-abwasser-gefunden,UVVW9Al
- Spektrum: https://www.spektrum.de/news/warum-das-fast-ausgerottete-poliovirus-in-deutschland-auftaucht/2245976
- MAGS NRW: https://www.mags.nrw/polioviren-auch-abwasserproben-duesseldorf-nachgewiesen
- FAZ: https://www.faz.net/aktuell/wissen/medizin-ernaehrung/kinderlaehmung-was-die-poliofunde-im-abwasser-bedeuten-110153849.html
- Gesundheitsministerium Schleswig-Holstein: https://www.schleswig-holstein.de/DE/landesregierung/ministerien-behoerden/II/Presse/PI/2024/Gesundheit/241129_polio?nn=e65d7965-27f2-43e0-b3d4-54a5dcf3a9ba
- Antenne Bayern: https://www.antenne.de/nachrichten/bayern/erreger-der-kinderlaehmung-im-abwasser-deutscher-staedte