19.10.2024
Ramelow fordert grundlegende Reformen für die Deutsche Bahn

Trennung in Netz und Betrieb: Ramelow hält Bahn-Pläne des Bundes für zynisch

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow, Mitglied der Linken, hat die aktuellen Pläne der Bundesregierung zur finanziellen Unterstützung der Deutschen Bahn scharf kritisiert. Er bezeichnete die Entscheidung, der Bahn zusätzliches Eigenkapital zur Verfügung zu stellen, als zynisch und fordert eine grundlegende Reform des Unternehmens. Ramelow äußerte sich in einem Interview mit dem „Spiegel“ und betonte, dass die Maßnahmen der Bundesregierung nicht ausreichen, um die Probleme der Deutschen Bahn nachhaltig zu lösen.

Die Bundesregierung hat kürzlich einen neuen Haushaltsentwurf für 2025 vorgestellt, der unter anderem eine Erhöhung des Eigenkapitals der Deutschen Bahn um 4,5 Milliarden Euro vorsieht. Diese Maßnahme soll dazu dienen, Investitionen in die marode Schieneninfrastruktur zu sichern. Ramelow hingegen sieht in dieser Vorgehensweise eine bloße Umverteilung von Steuergeldern, die nicht die notwendigen strukturellen Veränderungen mit sich bringt, die seiner Meinung nach erforderlich sind.

„Ich hätte mir nicht in den kühnsten Träumen gedacht, dass eine angeblich gemeinwohlorientierte Infrastrukturgesellschaft eine Wirkung entfaltet wie ein Hedgefonds“, erklärte Ramelow. Er kritisierte insbesondere die neue Tochtergesellschaft InfraGo, die für die Infrastruktur zuständig ist und sich bei Investitionen an Gemeinwohlkriterien orientieren soll. Ramelow bezeichnete die Deutsche Bahn als „intransparenten Mischkonzern“, der weiterhin mit Steuergeldern gefüttert werde, ohne dass eine echte Reform stattfinde.

Der Ministerpräsident fordert eine klare Trennung zwischen dem Schienennetz und dem Betrieb der Deutschen Bahn. Er plädiert dafür, die Infrastruktur in einer gemeinnützigen Stiftung zu verwalten und die Deutsche Bahn AG sowie ihre Tochtergesellschaften in eine Anstalt öffentlichen Rechts zu überführen. Zudem schlägt er vor, das Eisenbahnregulierungsgesetz zu novellieren, um die Rahmenbedingungen für eine effizientere und transparentere Bahnstruktur zu schaffen.

Die Kritik von Ramelow kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die Deutsche Bahn mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert ist. Die Pünktlichkeit im Fernverkehr hat in den letzten Monaten stark abgenommen, und die Zahl der Fahrgäste ist ebenfalls rückläufig. Im ersten Halbjahr 2024 verzeichnete die Bahn einen Rückgang der Fahrgastzahlen um sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr, während die Pünktlichkeit im Fernverkehr bei nur 62,7 Prozent lag. Diese Entwicklungen werfen Fragen zur Effizienz und Zuverlässigkeit des Unternehmens auf.

Die Bundesregierung hat die Eigenkapitalerhöhung als Teil eines Kompromisses zur Schließung von Milliardenlücken im Etat präsentiert. Kritiker, darunter Ramelow, befürchten jedoch, dass diese Maßnahmen nicht ausreichen, um die grundlegenden Probleme der Deutschen Bahn zu adressieren. „Wir müssen Netz und Betrieb trennen“, betonte Ramelow erneut. Er sieht die Notwendigkeit für eine radikale Umstrukturierung, um die Akzeptanz der Bahn in der Bevölkerung zu sichern und die Qualität des Angebots zu verbessern.

Die Diskussion um die Zukunft der Deutschen Bahn und die geplanten Reformen wird in den kommenden Wochen und Monaten an Bedeutung gewinnen. Ramelows Forderungen nach einer Zerschlagung des Konzerns und einer klaren Trennung zwischen Netz und Betrieb könnten in der politischen Debatte eine zentrale Rolle spielen, insbesondere im Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen und die öffentliche Wahrnehmung der Bahn als wichtiges Verkehrsmittel in Deutschland.

Die Herausforderungen, vor denen die Deutsche Bahn steht, sind nicht neu. Seit Jahren wird über die Notwendigkeit von Reformen diskutiert, doch konkrete Fortschritte sind bisher ausgeblieben. Ramelows Kritik könnte daher als Weckruf für die Politik dienen, die notwendigen Schritte zur Verbesserung der Infrastruktur und der Servicequalität der Deutschen Bahn endlich zu ergreifen.

Die Forderungen nach einer umfassenden Reform und die kritischen Stimmen aus der Politik zeigen, dass ein Umdenken erforderlich ist, um die Deutsche Bahn zukunftsfähig zu machen. Die Frage bleibt, ob die Bundesregierung bereit ist, die notwendigen Veränderungen einzuleiten, um die Bahn als Rückgrat des deutschen Verkehrs zu stärken.

Die Debatte um die Deutsche Bahn wird weiterhin von der Öffentlichkeit und den politischen Akteuren aufmerksam verfolgt. Es bleibt abzuwarten, welche Maßnahmen tatsächlich ergriffen werden und ob diese ausreichen, um die Herausforderungen, vor denen die Bahn steht, zu bewältigen.

Quellen: dpa, Spiegel, Zeit Online

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