Bundeskanzler Olaf Scholz wird erneut als Kanzlerkandidat der SPD in den Bundestagswahlkampf ziehen. Wie die dpa berichtet, will der Parteivorstand den amtierenden Kanzler am kommenden Montag offiziell nominieren. Diese Entscheidung folgt auf den Verzicht von Verteidigungsminister Boris Pistorius, der in den vergangenen Wochen als potenzieller Ersatzkandidat gehandelt wurde und in Umfragen als beliebtester Politiker Deutschlands gilt. Die Zeit berichtete bereits am 22. November über die Klärung der K-Frage und die Entscheidung für Scholz (https://www.zeit.de/news/2024-11/22/spd-klaert-k-frage-scholz-statt-pistorius).
Scholz steht vor einer schwierigen Aufgabe. Umfragen sehen die SPD derzeit bei 14 bis 16 Prozent, deutlich hinter der Union mit ihrem Kandidaten Friedrich Merz, die auf 32 bis 34 Prozent kommt. Sogar die Grünen haben im aktuellen ARD-Deutschlandtrend mit der SPD gleichgezogen. Scholz muss in den nächsten drei Monaten einen erheblichen Rückstand aufholen, um eine Wiederwahl zu erreichen.
Die Entscheidung für Scholz ging einer intensiven Debatte innerhalb der SPD voraus. Auslöser war eine Äußerung von Fraktionschef Rolf Mützenich, der von einem „Grummeln“ in der Partei bezüglich der Kanzlerkandidatur sprach. Zahlreiche SPD-Politiker auf allen Ebenen hatten sich in den Tagen darauf öffentlich für Pistorius ausgesprochen. Pistorius selbst erklärte am Donnerstagabend in einem von der SPD verbreiteten Video seinen Verzicht auf die Kandidatur. Er betonte, dass dies seine persönliche Entscheidung sei und sprach sich gleichzeitig für Scholz als „starken Kanzler“ und „richtigen Kanzlerkandidaten“ aus. Er hob Scholz' Führungsqualitäten in der Krise hervor und betonte dessen Vernunft und Besonnenheit.
Scholz selbst hatte bereits im Juli seinen Anspruch auf die Kanzlerkandidatur erhoben. In den vergangenen Tagen äußerte er sich jedoch zurückhaltender, um den Eindruck einer Selbstkrönung zu vermeiden. Die offizielle Nominierung durch den Parteivorstand soll am Montag erfolgen. Am 11. Januar wird der Parteitag über die Kanzlerkandidatur abstimmen, was jedoch als Formsache gilt. Die erste öffentliche Präsentation von Scholz als Kanzlerkandidat ist für den 30. November in Berlin geplant.
Mit der Nominierung von Scholz ist das Kandidatenfeld für die Bundestagswahl nahezu komplett. Neben Scholz und Merz treten Robert Habeck für die Grünen und Alice Weidel für die AfD an. Es ist das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik, dass vier Kandidaten um das Kanzleramt kämpfen.
Die Reaktionen auf die Entscheidung der SPD fielen unterschiedlich aus. Während SPD-Parteichef Lars Klingbeil zur Geschlossenheit aufrief, kritisierte Unionsfraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) Scholz als „katastrophal beschädigt“. Er sieht in der Debatte um die K-Frage ein Zeichen dafür, dass große Teile der SPD Scholz nicht mehr vertrauen.