19.10.2024
SPD SachsenAnhalt sucht nach dem Weg aus der Krise

Nach den enttäuschenden Wahlergebnissen der letzten Zeit, wie die dpa berichtet, will die SPD ihren Fokus verstärkt auf die Lebensrealität und Alltagsthemen der Bürger legen. Wie Saskia Esken, die SPD-Bundesvorsitzende, auf dem sachsen-anhaltischen Landesparteitag der SPD in Quedlinburg betonte, gehe es um Themen wie Verkehr, Energieversorgung und soziale Netze, insbesondere in der Pflege und im Gesundheitswesen. Esken unterstrich die Notwendigkeit von Investitionen in eine funktionierende Infrastruktur und kritisierte die Sparpolitik von CDU und FDP. Diese führe lediglich zu einer Stärkung der politischen Ränder. Der Parteitag wurde von Appellen für mehr Geschlossenheit geprägt, die von den Delegierten mit Beifall bedacht wurden. Zuvor hatte es parteiintern vermehrt Stimmen gegeben, die einen Kurswechsel gefordert hatten.

Der stellvertretende Ministerpräsident und Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt, Armin Willingmann, betonte die Bedeutung von konkreten Antworten der Politik auf die Bedürfnisse der Menschen. Sicherheit und Verantwortung seien dabei zentrale Anliegen. Willingmann hob hervor, dass Sicherheit für die Bürger nicht nur durch Polizei und Militär gewährleistet werde, sondern auch durch eine stabile wirtschaftliche Lage, sichere Arbeitsplätze und eine verlässliche Versorgung der Kinder in Kitas und Schulen. Die SPD sehe sich in der Verantwortung, hier Lösungen anzubieten.

Die SPD regiert in Sachsen-Anhalt seit 2021 in einer Koalition mit der CDU und der FDP. Bei den Kommunal- und Europawahlen im Juni musste die Partei jedoch empfindliche Verluste hinnehmen. So erreichte sie bei der Europawahl lediglich 8,7 Prozent der Stimmen, was einem Rückgang von 3,9 Prozentpunkten entsprach. Auch bei den Stadtrats- und Kreistagswahlen verlor die SPD an Zustimmung und kam auf 11,9 Prozent (minus 1,8 Prozentpunkte). Im Juli dieses Jahres wandten sich mehrere prominente SPD-Mitglieder in einem offenen Brief an die Parteispitze und forderten einen Neuanfang. In dem Schreiben kritisierten die Unterzeichner die mangelnde Präsenz der SPD in weiten Teilen des Bundeslandes.

Während des zweitägigen Parteitags wurde wiederholt die Notwendigkeit von Geschlossenheit innerhalb der Partei betont. So appellierte Sozialministerin Petra Grimm-Benne an ihre Parteikollegen, die Einheit der SPD zu wahren und interne Streitigkeiten zu vermeiden. Eine zerstrittene Partei habe an der Wahlurne keine Chance, so Grimm-Benne. Auch Landesvorsitzender Andreas Schmidt rief die Genossinnen und Genossen dazu auf, Positionen kontinuierlich zu hinterfragen und nach außen geschlossen, selbstbewusst und kämpferisch aufzutreten. Der Leitantrag des Landesvorstands wurde auf dem Parteitag weitgehend ohne Widerspruch angenommen.

Die Delegierten sprachen sich in einer Abstimmung für eine weitere Amtszeit der beiden Landesvorsitzenden Juliane Kleemann und Andreas Schmidt aus. Gegenkandidatin für den Landesvorsitz war die Politikwissenschaftlerin und Landtagsabgeordnete Elrid Pasbrig, die im Sommer zu den Unterzeichnern des offenen Briefs gehört hatte. In ihrer Bewerbungsrede hatte Pasbrig die Notwendigkeit einer bürgernahen sozialdemokratischen Politik betont und gefordert, dass sich die SPD den drängenden Fragen der Zeit, wie Zuwanderung und Bürgergeld, stellen müsse, ohne sich von der AfD treiben zu lassen.

Im ersten Wahlgang unterlag Pasbrig jedoch der 54-jährigen Kleemann aus der Altmark. Pasbrig erhielt 29,63 Prozent der Stimmen, während Kleemann 69,44 Prozent der Stimmen auf sich vereinen konnte. Der 54-jährige Merseburger Landtagsabgeordnete Schmidt wurde mit 75,24 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt. Weitere Kandidaten für den Landesvorsitz gab es nicht.

Die Wahl der 12 Beisitzer im Landesvorstand offenbarte erneut die bestehenden Differenzen innerhalb des Landesverbandes. Aus dem Kreis der 17 Kandidierenden wurden mehrere Unterzeichner des offenen Briefs, der Veränderungen gefordert hatte, nicht gewählt. Darunter befanden sich Elrid Pasbrig, die sich zuvor erfolglos um den Landesvorsitz beworben hatte, sowie Jörg Felgner. Die Bürgermeisterin von Gardelegen, Mandy Schumacher, die sich selbst dem "Team Veränderung" zuordnete, nahm ihre Wahl nicht an, nachdem die Ergebnisse bekannt gegeben worden waren.

In mehreren Reden auf dem Parteitag wurde die aktuelle Stimmungslage im Land analysiert. Die SPD-Bundesvorsitzende Esken beschrieb eine Mischung aus Verunsicherung und Enttäuschung in der Bevölkerung, die sich von der Politik nicht gehört und gesehen fühle. Diese Ohnmacht führe zu Wut und Frustration. Es sei wichtig, so Esken, den Menschen wieder das Gefühl zu geben, ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen zu können. Dazu seien Investitionen in Bildung, Infrastruktur und soziale Sicherungssysteme unerlässlich. Die SPD-Chefin sprach sich zudem für neue Beteiligungsformate aus, die es den Bürgern ermöglichen sollen, sich aktiv in politische Entscheidungsprozesse einzubringen. Als Beispiel nannte sie kommunale Bürgerräte, die bei der Umsetzung der Energiewende und des Strukturwandels eine wichtige Rolle spielen könnten. Esken forderte darüber hinaus mehr Demokratie und Mitbestimmung in Schulen und Betrieben.

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