Der Landschaftspark Duisburg-Nord, einst Zentrum der Stahlproduktion, steht heute symbolisch für den industriellen Wandel. Wo früher Hochöfen dröhnten, wachsen nun Bäume. Hermann Ludwig, 84, ehemaliger Thyssenkrupp-Mitarbeiter, erinnert sich an seine fast lebenslange Arbeit im Unternehmen. Für ihn und seine Familie, wie die FAZ berichtet, war Thyssenkrupp mehr als nur ein Arbeitgeber – es war Familie. Sowohl sein Sohn als auch sein Enkel arbeiteten ebenfalls für den Stahlkonzern.
„Stahl ist emotional“ – ein bekannter Spruch im Ruhrgebiet. Hermann Ludwig erinnert sich an die starke Kameradschaft und das Gefühl der Zusammengehörigkeit. Drei Generationen, ein Beruf – und doch hat sich alles verändert. Hochofen 5, an dem Hermann Ludwig einst arbeitete, ist heute eine Sehenswürdigkeit. Wie die Website des Landschaftsparks Duisburg-Nord erläutert, wurde der Ofen 1993, im Jahr von Ludwigs Renteneintritt, aufgrund von Überkapazitäten auf dem europäischen Stahlmarkt stillgelegt.
Die Geschichte wiederholt sich. Globale Überkapazitäten, verursacht durch Billigstahl aus China, führen erneut zu Problemen. Standorte im Siegerland und möglicherweise auch im Duisburger Süden sind von der Schließung bedroht. Bis 2030 soll die Belegschaft von 27.000 auf 16.000 Mitarbeiter reduziert werden. „Die Lage ist kritisch, und ohne entschlossenes Gegensteuern kann sie schnell existenzbedrohend werden“, zitiert die FAZ den aktuellen Thyssenkrupp-Chef Miguel López.
Peter Ludwig, 58, Sohn von Hermann Ludwig und IG-Metall-Vertrauensmann bei Thyssenkrupp, kämpft für die Arbeitsplätze seiner Kollegen. Er steht mit ihnen bei Demonstrationen vor den Werkstoren, wie zuletzt in Kreuztal im Siegerland, wo ein Werk geschlossen werden soll. Wie sein Vater erlernte auch Peter Ludwig den Beruf des Betriebsschlossers und verbrachte fast sein ganzes Berufsleben bei Thyssenkrupp. „Papa hat hier nur die guten Zeiten erlebt“, sagt er gegenüber der FAZ. Er selbst musste die Schließung des Hochofens in Meiderich miterleben, den Beginn des „Abschmelzens eines Weltkonzerns“, wie er es nennt.
Seither folgten zahlreiche Krisen, Umstrukturierungen und Stellenabbau. Das Stahlwerk im Duisburger Norden mit seinen vier Hochöfen, Peter Ludwigs „Arche Noah“, bot vielen Mitarbeitern eine sichere Anstellung. Nun sollen zwei der vier Hochöfen stillgelegt werden. Eine milliardenschwere, staatlich geförderte Anlage für die Produktion von „grünem Stahl“ soll die Zukunft sichern. Peter Ludwig blickt jedoch mit Sorge in die Zukunft. Er glaubt, López „schießt gegen uns“, so die FAZ.
Die Angst prägt die jüngere Geschichte von Thyssenkrupp seit den Fehlinvestitionen in Stahlwerke in Amerika und Brasilien ab 2007. Peter Ludwig beschreibt diese Zeit als eine Phase ständiger Unsicherheit. „Gefühlt hatten wir alle paar Jahre einen neuen CEO“, so Ludwig gegenüber der FAZ.
Die Digitalisierung stellt die deutsche Wirtschaft vor neue Herausforderungen, wie Benedikt Herles in seiner Kolumne bei Capital+ schreibt. Der wirtschaftliche Abschwung verschärft die Situation. Es sei fatal, wenn Unternehmen nun bei der digitalen Transformation sparen würden. Die Digitalisierung müsse die Profitabilität der Unternehmen stärken, so Herles.
Die Zukunft des Ruhrgebiets war auch Thema im nordrhein-westfälischen Landtag, wie dem Plenarprotokoll vom 19. September 2019 zu entnehmen ist. Thomas Kutschaty (SPD) kritisierte die Ruhrkonferenz der Landesregierung als „Flickschusterei“.
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