Anfang 2025 könnte TikTok in Albanien für ein ganzes Jahr gesperrt werden. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet, ist diese Maßnahme Teil einer umfassenderen Strategie zur Verbesserung der Sicherheit an Schulen. Nach einem Treffen mit Eltern und Lehrkräften verkündete Ministerpräsident Edi Rama: „Für ein Jahr werden wir TikTok komplett abschalten. Es wird kein TikTok in Albanien geben.“
Hintergrund des geplanten Verbots ist der Tod eines 14-jährigen Schülers in Tirana, der im November von einem Mitschüler erstochen wurde. Dem Spiegel Online und dem Standard zufolge eskalierte ein Streit zwischen den beiden Jungen zuvor in den sozialen Medien. Nach der Tat sollen auf TikTok Videos aufgetaucht sein, in denen Jugendliche die Tat befürworteten.
Ministerpräsident Rama sieht soziale Medien, insbesondere TikTok, als einen der Hauptgründe für zunehmende Gewalt unter Jugendlichen. Laut Euronews, die sich auf die Associated Press (AP) beruft, beschuldigt Rama TikTok, Gewalt und Mobbing, vor allem unter Kindern, zu fördern. Der Deutschlandfunk zitiert Rama, der die in China verfügbaren TikTok-Inhalte als „Dreck und Kot“ bezeichnete und kritisierte, dass diese sich stark von den Inhalten außerhalb Chinas unterscheiden würden. Er sieht Kinder und Jugendliche durch die Plattform gefährdet und „in Geiselhaft genommen“.
TikTok selbst hat die albanische Regierung laut FAZ um eine „dringende Klarstellung“ gebeten. Ein Unternehmenssprecher erklärte, es gäbe keine Hinweise darauf, dass Täter oder Opfer TikTok-Konten besessen hätten. Ähnlich äußerte sich TikTok gegenüber Euronews und betonte, dass mehrere Berichte bestätigten, die Videos, die zu dem Vorfall führten, seien auf einer anderen Plattform und nicht auf TikTok veröffentlicht worden.
Die Opposition kritisiert das geplante Verbot als Angriff auf die Meinungsfreiheit. Der Spiegel zitiert Ina Zhupa von der Demokratischen Partei, die die Entscheidung als „diktatorisch“ und als einen „Akt gegen die Meinungsfreiheit und die Demokratie“ bezeichnete. Da im kommenden Jahr Parlamentswahlen in Albanien stattfinden, sieht sie darin einen „reinen Wahlakt und Machtmissbrauch, um Freiheiten zu unterdrücken“.
Albanien wäre nicht das erste Land, das den Zugang zu sozialen Medien für Kinder und Jugendliche einschränkt. Die FAZ und der Deutschlandfunk berichten, dass Australien im November ein Social-Media-Verbot für unter 16-Jährige beschlossen hat. Auch Spanien hat eine Altersgrenze von 16 Jahren für den Zugang zu Social-Media-Plattformen eingeführt. In Florida (USA) tritt im Januar ein Gesetz in Kraft, das die Einrichtung von Social-Media-Konten für Kinder unter 14 Jahren verbietet. Auch Frankreich, Deutschland und Belgien haben laut FAZ die Nutzung sozialer Medien für Kinder bereits eingeschränkt.
Neben dem TikTok-Verbot plant die albanische Regierung laut Spiegel und Standard Bildungsprogramme für Kinder und will Eltern dabei unterstützen, „den Werdegang ihrer Kinder zu begleiten“. Der Deutschlandfunk berichtet von einem virtuellen Bildungsprogramm, das Regierungschef Rama bei einem Treffen mit Lehrern, Eltern und Psychologen angekündigt hat.