19.10.2024
Das Tollense-Tal: Ein Fenster zur Bronzezeit Europas

Unser Trojanischer Krieg: Arte zeigt „Das älteste Schlachtfeld Europas“

Eine umfassende Dokumentation des Senders Arte widmet sich den bemerkenswerten Ausgrabungen im Tollense-Tal in Mecklenburg-Vorpommern, die als das älteste bekannte Schlachtfeld Europas gelten. Diese Entdeckung hat das Verständnis der Bronzezeit in Nordeuropa erheblich verändert und verdient eine breitere öffentliche Aufmerksamkeit.

Die Anfänge dieser bedeutenden archäologischen Entdeckung reichen bis ins Jahr 1996 zurück, als die Amateurarchäologen Hans-Dietrich und Ronald Borgwardt zufällig einen Oberarmknochen fanden, in dem eine Feuerstein-Pfeilspitze steckte. Dieser Fund führte zu einer systematischen Erforschung des Gebiets, an der führende Archäologen wie Detlef Jantzen, der Landesarchäologe von Mecklenburg-Vorpommern, und Thomas Terberger von der Universität Göttingen beteiligt sind.

In den vergangenen Jahren wurden über zwölftausend menschliche Knochen entdeckt, darunter achtzig Schädel, viele mit schweren Verletzungen, sowie Pferdeknochen und Relikte urgeschichtlicher Waffen. Diese Funde deuten darauf hin, dass hier eine massive Schlacht stattfand, an der bis zu zweitausend Menschen beteiligt waren. Die anatomisch korrekte Lage der Skelette belegt, dass die Toten tatsächlich im Tollense-Tal gefallen sind. Die Knochen werden auf das 13. Jahrhundert v. Chr. datiert, eine Zeit, die mit dem Pharao Ramses II. und der späten Bronzezeit in Verbindung gebracht wird.

Die Funde im Tollense-Tal werfen zahlreiche Fragen auf. Ob die Kämpfer Einheimische oder Eindringlinge waren, bleibt unklar. Die Toten stammen aus verschiedenen Regionen, was die Hypothesen über die Umstände der Schlacht kompliziert. Die Ausgrabungen zeigen jedoch, dass die Organisation und Vernetzung in diesem dünn besiedelten Gebiet viel ausgeprägter war als bisher angenommen. Der Bau aufwendiger Straßen und Brücken, die auf Holzkonstruktionen aus Eiche basieren, deutet auf eine sorgfältige Planung und das Vorhandensein ausgebildeter Bautrupps hin. Diese Infrastruktur könnte Teil einer der ersten globalen Handelsrouten gewesen sein, die bereits Jahrhunderte vor der Schlacht existierte.

Die dendrochronologische Datierung der Holzkonstruktionen auf das Jahr 1800 v. Chr. unterstreicht die historische Bedeutung dieser Handelsroute. Trotz der zahlreichen Berichte und kleinen Ausstellungen über das Tollensetal-Projekt hat es bis zur aktuellen Arte-Dokumentation gedauert, dass ein Filmteam den Ausgrabungen eine umfassende Spielfilmlänge widmet. Interessanterweise wurde diese Dokumentation von einer nordirischen Produktionsfirma, Alleycats TV, produziert, was dazu führt, dass die deutschen Forscher ihre Erkenntnisse auf Englisch präsentieren müssen.

Die Arte-Dokumentation beleuchtet nicht nur die Funde selbst, sondern auch die Methoden und Techniken, die bei der Ausgrabung angewendet werden. Jantzen und Terberger erläutern den aktuellen Stand der Forschung und die Herausforderungen, die mit der Analyse der Funde verbunden sind. Diese umfassende Betrachtung der Ausgrabungen im Tollense-Tal bietet nicht nur einen Einblick in die archäologischen Methoden, sondern auch in die historischen Kontexte, die diese Funde umgeben.

Die Tollense-Funde haben das Bild der Bronzezeit in Nordeuropa revolutioniert und zeigen, dass auch in Regionen, die lange Zeit als kulturell rückständig galten, komplexe gesellschaftliche Strukturen existierten. Die Entdeckung des ältesten Schlachtfeldes Europas könnte somit nicht nur das Verständnis der regionalen Geschichte, sondern auch der europäischen Geschichte insgesamt nachhaltig beeinflussen.

Insgesamt verdeutlicht die Arte-Dokumentation die Bedeutung der archäologischen Forschung und die Notwendigkeit, solche Entdeckungen in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken. Die Funde im Tollense-Tal sind nicht nur von lokalem, sondern von europäischem Interesse und tragen dazu bei, ein umfassenderes Bild der menschlichen Geschichte zu zeichnen.

Die Dokumentation ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie moderne Archäologie dazu beiträgt, das Verständnis unserer Vergangenheit zu vertiefen und wie wichtig es ist, die Ergebnisse solcher Forschungen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Die Arte-Dokumentation über die Ausgrabungen im Tollense-Tal ist ein Schritt in die richtige Richtung, um das Bewusstsein für die archäologischen Schätze Europas zu schärfen und die faszinierenden Geschichten, die sie erzählen, zu teilen.

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