Ein Jahr nach dem verheerenden Erdbeben im Atlas-Gebirge in Marokko, das am 8. September 2023 stattfand, ist die Situation für viele Überlebende weiterhin prekär. Das Beben, das eine Stärke von 6,8 erreichte, forderte fast 3.000 Menschenleben und hinterließ etwa 300.000 Menschen obdachlos. Während in den größeren Städten wie Marrakesch der Alltag allmählich zurückkehrt, leben viele der betroffenen Dorfbewohner noch immer in Zelten und Notunterkünften.
Die Erschütterungen waren bis in 70 Kilometer entfernte Städte spürbar und zerstörten rund 60.000 Gebäude. In den betroffenen Bergdörfern, die oft nur schwer erreichbar sind, ist der Wiederaufbau schleppend vorangekommen. Viele der Dorfbewohner, die bereits vor dem Beben in prekären Verhältnissen lebten, sehen sich nun mit noch größeren Herausforderungen konfrontiert. Die Hilfsmaßnahmen der Regierung und internationaler Organisationen sind oft unzureichend und verzögert.
Ein Beispiel ist Zahra El Manari, die mit ihrer Familie in einem Zelt lebt, das aus Hilfsgütern nach dem Beben aufgebaut wurde. Zahra und ihr Mann Abdelrahim sind auf staatliche Unterstützung angewiesen, die jedoch bald enden könnte. Bis September 2024 erhielten sie monatlich 2.500 Dirham, was etwa 230 Euro entspricht. Zahra betont die Notwendigkeit weiterer Unterstützung, da die Familie vor dem Beben bereits arm war und nun alles verloren hat.
Der Wiederaufbau in den betroffenen Gebieten gestaltet sich als schwierig. Nach Angaben des Königshauses haben nur etwa 1.000 von insgesamt 60.000 betroffenen Familien mit dem Wiederaufbau ihrer Häuser begonnen. Die erste Rate von 20.000 Dirham, die Zahra für den Wiederaufbau erhielt, reichte nicht aus, um mehr als das Fundament zu schaffen. Viele Familien warten auf weitere Zahlungen, die oft verzögert sind.
Hilfsorganisationen wie das Deutsche Rote Kreuz und der Marokkanische Rote Halbmond haben Unterstützung geleistet, jedoch ist der Zugang zu den entlegenen Dörfern oft erschwert. In einigen Fällen dauerte es Wochen, bis Straßen von Trümmern befreit werden konnten. Das DRK hat bislang etwa 23.000 Menschen unterstützt und arbeitet daran, die Widerstandsfähigkeit der Gemeinden zu stärken.
Die Bewohner der betroffenen Gebiete blicken mit Sorge auf die kommenden Wintermonate. Viele haben einen harten Winter in Zelten hinter sich und befürchten, dass die bevorstehenden Regenfälle das Risiko von Erdrutschen erhöhen könnten. Zudem gibt es Berichte über steigende Fälle von Masern, da viele Kinder keinen vollständigen Impfschutz haben.
Die internationale Gemeinschaft hat ebenfalls reagiert, jedoch wurde die Hilfe von der marokkanischen Regierung nicht immer in vollem Umfang angenommen. Deutschland bot sofortige Hilfe an, die jedoch abgelehnt wurde. Stattdessen akzeptierte die Regierung Unterstützung aus einigen anderen Ländern. Private Helfer und Organisationen sind jedoch weiterhin aktiv und leisten wichtige Beiträge zur Unterstützung der Betroffenen.
Ein Jahr nach dem Erdbeben in Marokko bleibt die Situation für viele Menschen kritisch. Während der Wiederaufbau in den Städten voranschreitet, sind die Bergdörfer nach wie vor stark betroffen. Die Bewohner leben unter schwierigen Bedingungen in Zelten und benötigen dringend Unterstützung, um ihre Lebensumstände zu verbessern und den kommenden Winter zu überstehen. Die Herausforderungen sind groß, und die Hoffnung auf eine baldige Normalisierung bleibt fragil.