19.10.2024
Bundesverfassungsgericht segnet Wahlrechtsreform ab: Ein kleinerer Bundestag für Deutschland

Das Bundesverfassungsgericht und das neue Wahlgesetz

Am Dienstag hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe das neue Wahlgesetz in wesentlichen Teilen für verfassungskonform erklärt. Dies ist ein historisches Urteil, das weitreichende Auswirkungen auf die Struktur und Funktionsweise des Bundestages haben wird. Während erste Meldungen und insbesondere die Unionsparteien etwas anderes suggerierten, stellte das Gericht klar, dass der nächste Bundestag deutlich kleiner und effizienter sein wird.

Reduktion der Abgeordnetenzahl

Statt wie bisher 736 Abgeordnete werden nach der Wahl im September 2025 nur noch 630 Abgeordnete im Bundestag sitzen. Dies ist eine bedeutende Veränderung, die den Wählerinnen und Wählern zugutekommt, da sie nicht mehr mit komplizierten Konzepten wie Überhang- und Ausgleichsmandaten konfrontiert werden. Diese Mandate, die bisher die Größe des Bundestages stark vergrößert haben, werden komplett abgeschafft.

Veränderungen im Wahlrecht

Das neue Wahlrecht betont die Bedeutung der Zweitstimme gegenüber der Erststimme und stärkt somit das Verhältniswahlrecht. Konkret bedeutet dies, dass Direktkandidat:innen nicht mehr automatisch in den Bundestag einziehen, wenn sie ihren Wahlkreis gewonnen haben. Diese Regelung hat insbesondere bei der CSU, die bei der letzten Wahl 45 von 46 Direktmandaten in Bayern gewann, zu massiven Protesten geführt. - Direktkandidat:innen mit den schlechtesten Ergebnissen könnten das Nachsehen haben. - Die anderen Parteien erhalten keine Ausgleichsmandate mehr.

Reaktionen und Proteste

Die Union und insbesondere die CSU äußerten massive Kritik an diesen Änderungen. Sie sahen die Demokratie in Gefahr, da sie ihre Wahlkreismatadore nicht mehr vollständig nach Berlin schicken können. Besonders laut waren die Proteste von Abgeordneten, die in ihren Wahlkreisen nur etwa 30 Prozent der Stimmen erhielten. Diese Abgeordneten könnten künftig leer ausgehen, wenn sie auch ein schlechtes Zweitstimmenergebnis haben.

Die Grundmandatsklausel und die Fünf-Prozent-Hürde

Ein besonders strittiger Punkt war die Grundmandatsklausel, die es Parteien ermöglichte, auch bei Unterschreiten der Fünf-Prozent-Hürde in Fraktionsstärke in den Bundestag einzuziehen, wenn sie mindestens drei Direktmandate gewannen. Diese Regelung wurde zunächst wieder in Kraft gesetzt, da über 4000 Bürgerinnen und Bürger gegen die Abschaffung klagten. Das Bundesverfassungsgericht folgte dieser Begründung teilweise und betonte, dass der Gesetzgeber diese Hürde aufstellen dürfe, um eine Zersplitterung des Parlaments zu verhindern.

Strategische Überlegungen der Ampel-Koalition

Die Ampel-Abgeordneten müssen nun überlegen, ob sie das Wahlrecht erneut ändern und die Fünf-Prozent-Hürde absenken, was der FDP zugutekommen könnte. Viel spricht dafür, dass die Ampel es zunächst bei der Entscheidung aus Karlsruhe belässt und sich über den Sieg freut. Dies ist ein bedeutender Moment für die Ampel-Koalition, da sie eine der größten strukturellen Reformen des Bundestags in der jüngeren Geschichte durchgesetzt hat.

Reaktionen aus der Opposition

Auch die Opposition hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts genau verfolgt. Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern und CSU-Chef, nannte das Urteil einen „klaren Erfolg für die CSU und Bayern – und eine Klatsche für die Ampel“. Er kündigte an, dass eine unionsgeführte Bundesregierung die neue Zuteilungsregelung wieder ändern würde. Auch die Freien Wähler, die auf den Einzug in den Bundestag hoffen, begrüßten das Urteil. Ihr Chef Hubert Aiwanger nannte das Urteil „vernünftig“.

Langfristige Auswirkungen

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts wird langfristige Auswirkungen auf die deutsche Politik haben. Es wird erwartet, dass der nächste Bundestagswahlkampf intensiver und möglicherweise konfliktträchtiger wird, besonders in Bayern. Die Entscheidung könnte auch die Strategien kleinerer Parteien beeinflussen, die nun möglicherweise verstärkt auf Direktmandate setzen werden.

Abschließende Gedanken

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts stellt sicher, dass der Bundestag kleiner und effizienter wird, was viele als einen notwendigen Schritt zur Verbesserung der parlamentarischen Arbeit sehen. Es bleibt abzuwarten, wie die politischen Parteien und die Wählerinnen und Wähler auf diese tiefgreifenden Veränderungen reagieren werden. Klar ist jedoch, dass das neue Wahlrecht eine bedeutende Zäsur in der deutschen politischen Landschaft darstellt.
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