September 25, 2024
UN-Sicherheitsrat: Konflikte und Perspektiven im Schatten der Krise

UN-Sicherheitsrat: Eine zynische Routine

Im UN-Sicherheitsrat, der am East River in New York tagt, hat sich eine bedauerliche Routine etabliert, die die Debatten über den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine prägt. Diese Routine wird durch die wiederkehrenden, oft zynischen Äußerungen des russischen UN-Botschafters Wassili Nebensja verstärkt, der sich strikt an die offizielle Linie des Kremls hält. Während Außenminister Sergej Lawrow diesmal nicht anwesend war, trug Nebensja die Moskauer Sichtweise der „Spezialoperation“ vor und begann dabei mit historischen Referenzen, die auf das Minsker Abkommen verwiesen, welches er als verletzt durch Kiew darstellte.

In seiner Rede behauptete Nebensja, dass die ukrainischen Streitkräfte kurz vor dem Zusammenbruch stünden. Diese Aussagen wurden von einem unfreiwillig komischen Moment begleitet, als er Wolodymyr Selenskyj als „Neonazi“ bezeichnete und Kiew als eine „Ein-Mann-Diktatur“ darstellte. Während dieser Ausführungen zeigte der ukrainische Vertreter demonstratives Desinteresse und blickte gelangweilt auf sein Mobiltelefon, während Selenskyj den Saal bereits verlassen hatte.

Selenskyjs Ansprache und der „Siegesplan“

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der in olivgrüner Kleidung erschien, hielt eine Rede, die als Einleitung zu seinem „Siegesplan“ interpretiert werden kann. Er plante, diesen Plan am Donnerstag dem US-Präsidenten Joe Biden in Washington vorzustellen. In seiner Ansprache betonte Selenskyj, dass Russland ein internationales Verbrechen begehe und dass der Krieg nicht einfach durch Gespräche gelöst werden könne. Er forderte entschlossenes Handeln und stellte fest, dass Russland nur durch Druck zum Frieden gezwungen werden könne. „Ich bin allen Nationen dankbar, die wirklich auf eine Weise helfen, die das Leben unserer Menschen rettet“, sagte er.

Selenskyj wies darauf hin, dass es Menschen gebe, die mit Putin verhandeln möchten, und stellte die Frage, was diese von ihm erwarten könnten. Er kritisierte die Idee, dass Putin bereit sein könnte, den Krieg zu beenden, und bezeichnete dies als absurd. Der ukrainische Präsident schloss mit der Feststellung, dass Putin so viele internationale Normen verletzt habe, dass er nicht von sich aus aufhören werde.

Reaktionen aus dem Sicherheitsrat

Während Selenskyjs Rede zeigte Nebensja wenig Interesse und blätterte in seinen Unterlagen oder spielte mit seinem Handy. Dies verdeutlicht die Kluft zwischen den beiden Positionen im Sicherheitsrat. Selenskyj hatte zuvor geäußert, dass sein Plan möglicherweise nicht Putin stoppen könne, aber er werde die Ukraine stärken und den russischen Präsidenten dazu bringen, über einen Kriegsbeendigung nachzudenken. Diplomaten aus dem Westen sind sich einig, dass Selenskyj in seinem Plan auch die Forderung nach dem Einsatz westlicher Waffen mit großer Reichweite in Russland bekräftigen wird.

Chinas Position im Sicherheitsrat

Der chinesische Außenminister Wang Yi wiederholte in der Sitzung die Position Pekings und forderte eine stärkere Konzentration auf Friedensverhandlungen. Er stellte drei Prinzipien vor, die sowohl Kiew als auch Moskau einhalten sollten: keine Ausweitung des Schlachtfeldes, keine Eskalation durch Massenvernichtungswaffen und keine Provokationen. Wang betonte die Neutralität Chinas in diesem Konflikt und erklärte, dass sein Land nicht für die Krise verantwortlich sei. Er kündigte an, weiterhin mit allen relevanten Parteien zu sprechen.

Wang Yi warnte, dass die Lieferung von mehr Waffen die Chancen auf einen Waffenstillstand verringern würde. Diese Aussagen waren besonders relevant in Anbetracht der wiederholten Drohungen Russlands mit nuklearen Waffen, die auch in den Augen Pekings nicht akzeptabel sind.

Die Rolle der USA und der westlichen Diplomatie

US-Außenminister Antony Blinken äußerte sich ebenfalls zu den Entwicklungen und stellte fest, dass China als ständiges Mitglied des Sicherheitsrates eine bedeutende Rolle spielt. Er wies darauf hin, dass China der Hauptlieferant von Maschinenteilen und Mikroelektronik für Russland sei, was die Kriegsanstrengungen des Kremls unterstütze. Blinken machte jedoch deutlich, dass die USA China nicht direkt beschuldigen würden, Waffen an Russland zu liefern, was als eine rote Linie betrachtet wird.

In seiner Rede sprach Blinken auch über die Beziehungen zwischen Russland, Nordkorea und Iran und warnte, dass die Abhängigkeit Russlands von diesen Ländern die Bedrohungen für den Frieden und die Sicherheit weltweit verstärken könnte.

Die Perspektive der europäischen Diplomatie

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock, die ebenfalls an der Sitzung teilnahm, stellte klar, dass Frieden für die Ukraine bedeutet, dass ihre Existenz als freies und unabhängiges Land garantiert werden muss. Sie betonte, dass ein gerechter und dauerhafter Frieden notwendig sei und dass die Ukraine sicherstellen müsse, dass das Ende der Kämpfe nicht zu weiteren Vorbereitungen in Russland führt.

Der britische Außenminister David Lammy wandte sich direkt an Putin und kritisierte die Invasion als einen Versuch, einen Mafiastaat zu einem Mafiaimperium auszubauen, das sowohl das russische Volk als auch die Ukraine ausbeutet.

Fazit

Die Debatten im UN-Sicherheitsrat über den Ukraine-Konflikt zeigen eine klare Spaltung der Meinungen und Positionen. Während die Ukraine und ihre Verbündeten auf eine klare und entschlossene Antwort auf die Aggression Russlands drängen, bleibt die russische Seite in ihrer Argumentation fest verankert und zeigt wenig Bereitschaft zur Kooperation. Diese Dynamik führt zu einer zynischen Routine, die die Bemühungen um Frieden und Stabilität in der Region weiter erschwert.

Die Herausforderungen, vor denen der UN-Sicherheitsrat steht, sind erheblich, und die Möglichkeit, einen nachhaltigen Frieden zu erreichen, scheint in der gegenwärtigen politischen Landschaft fern zu sein. Die internationalen Akteure müssen weiterhin zusammenarbeiten, um eine Lösung zu finden, die den Bedürfnissen aller Beteiligten gerecht wird und die humanitären Folgen des Konflikts minimiert.

Quellen: FAZ.NET, dpa

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