13.11.2024
Verfassungsgerichtsreform vor Neuwahl angestrebt

Resilienz des Verfassungsgerichts: Eine Reform, die noch vor der Neuwahl kommen soll

Das Bundesverfassungsgericht, Hüter des Grundgesetzes, soll widerstandsfähiger gegen politische Einflussnahme werden. Eine entsprechende Reform, die bereits vor dem Scheitern der Ampel-Koalition auf den Weg gebracht wurde, soll nach dem Willen mehrerer Parteien noch vor der Neuwahl verabschiedet werden. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) am 13.11.2024 berichtete, herrschte im Rechtsausschuss des Bundestages trotz der turbulenten politischen Lage eine bemerkenswerte Einigkeit über die Notwendigkeit und Dringlichkeit des Vorhabens.

Der Hintergrund der Reform sind Befürchtungen, dass Parteien mit autoritären Tendenzen, wie die AfD oder das BSW, künftig eine Sperrminorität im Parlament erreichen und die Wahl der Verfassungsrichter blockieren könnten. Wie LTO am 13.11.2024 berichtete, signalisierte Unionsfraktionschef Friedrich Merz die Zustimmung seiner Fraktion zu der geplanten Grundgesetzänderung. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz warb für eine parteiübergreifende Zusammenarbeit, um wichtige Gesetze vor der Auflösung des Bundestages zu verabschieden. Laut Handelsblatt vom 12.11.2024 plädieren führende Politiker von FDP, SPD und Grünen auch nach dem Ampel-Aus für die Umsetzung des sogenannten Resilienzpakets.

Konkret geht es darum, zentrale Strukturmerkmale des Bundesverfassungsgerichts, die bisher im Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) geregelt sind, im Grundgesetz zu verankern. Dazu gehören unter anderem die Organisation des Gerichts in zwei Senate mit jeweils acht Richtern, die Amtszeit der Richter, die Altersgrenze sowie das Wiederwahlverbot. Wie der Deutschlandfunk am 12.11.2024 erläuterte, könnten diese Regelungen, die bisher mit einfacher Mehrheit geändert werden können, durch die Verankerung im Grundgesetz besser vor politischer Einflussnahme geschützt werden. Änderungen des Grundgesetzes erfordern eine Zwei-Drittel-Mehrheit.

Ein weiterer wichtiger Punkt der Reform ist die Einführung eines Ersatzwahlmechanismus für den Fall, dass die Richterwahl im Bundestag oder Bundesrat blockiert wird. Wie LTO am 22.07.2024 berichtete, wurde in den Verhandlungen zwischen den Ampel-Parteien und der Union über verschiedene Modelle diskutiert, um eine demokratisch legitimierte Wahl der Verfassungsrichter auch in einer solchen Situation zu gewährleisten. Ein denkbares Szenario wäre, dass bei einer Blockade im Bundestag der Bundesrat die Wahl übernimmt und umgekehrt.

In der Sachverständigenanhörung im Rechtsausschuss stießen die Reformvorschläge auf breite Zustimmung. Wie eine Pressemitteilung des Bundestages vom 13.11.2024 zeigt, warben die Experten für eine zügige Verabschiedung des Gesetzespakets noch in dieser Wahlperiode. Kritisch angemerkt wurde jedoch, dass das im BVerfGG geregelte Prozessrecht nicht in die Reform einbezogen ist. Einige Sachverständige, darunter der ehemalige Vizepräsident des BVerfG, Ferdinand Kirchhof, schlugen vor, Änderungen am BVerfGG künftig nur noch mit Zustimmung des Bundesrats zu ermöglichen. Wie die taz am 23.07.2024 berichtete, könnte das Gericht durch Änderungen im Prozessrecht lahmgelegt werden.

Auch mehrere juristische Verbände, darunter der Deutsche Richterbund und der Deutsche Anwaltverein, forderten eine schnelle Umsetzung der Reform. Wie die Tagesschau am 08.11.2024 berichtete, mahnten die Verbände, dass ein besserer Schutz des Bundesverfassungsgerichts nicht am parteipolitischen Streit scheitern dürfe.

Die geplante Reform zur Stärkung der Resilienz des Bundesverfassungsgerichts ist ein wichtiges Vorhaben, um die Unabhängigkeit der Justiz und die Funktionsfähigkeit des Rechtsstaats zu gewährleisten. Ob die Reform angesichts der bevorstehenden Neuwahlen tatsächlich noch umgesetzt werden kann, bleibt abzuwarten.

Quellen:

- Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ): https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/verfassungsgericht-eine-reform-die-noch-vor-der-neuwahl-kommen-soll-110109234.html - Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ): https://www.faz.net/aktuell/politik/vor-neuwahlen-zuegige-reform-zum-schutz-des-verfassungsgerichts-gefordert-110099590.html - LTO: https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/resilizen-bverfg-merz-zustimmung-union - LTO: https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/schutz-bverfg-resilienz-verfassungsfeinde-extremisten-einigung-ampel-regierung-union-gesetzesentwurf - Handelsblatt: https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/resilienzpaket-union-und-ampel-parteien-wollen-vor-wahl-grundgesetz-erweitern/100086390.html - Deutschlandfunk: https://www.deutschlandfunk.de/bundesverfassungsgericht-grundgesetz-bvg-schutz-buschmann-100.html - taz: https://taz.de/Reform-des-Bundesverfassungsgerichts/!6022610/ - Tagesschau: https://www.tagesschau.de/inland/bundesverfassungsgericht-schutz-102.html - Bundestag: https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-1029682
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