September 18, 2024
Volkswirtschaftliche Bedeutung der deutschen Musikwirtschaft im Fokus

Neue Studie: Was die Musik der Volkswirtschaft bringt

Mit Musik kommt jeder fast täglich in irgendeiner Weise in Kontakt. Sei es durchs Radio hören, streamen, den Besuch in einem Platten-, Instrumentenladen oder eines Konzerts oder eben quasi nebenbei auf dem Weg durch ein Einkaufszentrum, in einem Café oder beim Friseur. Hinter dieser Omnipräsenz steht eine weit verzweigte Branche mit komplexen Verästelungen und Geldflüssen, die den Konsum und die Aufführung von Musik regeln. Dies wird auch durch die Auftraggeber einer neuen Studie zur volkswirtschaftlichen Bedeutung der deutschen Musikwirtschaft unterstrichen. Gleich acht Verbände aus der Live-Welt, dem Verlags- und Label-Geschäft, Instrumentenhandel sowie der Künstlermanager finden sich darunter, ebenso wie die beiden Verwertungsgesellschaften GEMA und GVL.

Umsatz in Höhe von 17,4 Milliarden Euro

Die Kerndaten der im Rahmen des Reeperbahn Festivals in Hamburg vorgestellten Studie sind beachtlich: Die hiesige Musikbranche erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 17,4 Milliarden Euro. Die Bruttowertschöpfung lag bei 6,6 Milliarden Euro und insgesamt arbeiteten rund 155.900 Menschen in der Branche. Im Jahr 2019, dem letzten Jahr vor den Auswirkungen der Corona-Pandemie, betrug der Umsatz noch 14,8 Milliarden Euro, die Bruttowertschöpfung 5,5 Milliarden Euro.

Die Musikwirtschaft ist zudem sehr unabhängig von anderen Wirtschaftszweigen; etwa 80 Prozent der Vorleistungen stammen von anderen Unternehmen aus der Branche. Zum Vergleich: In der Autoindustrie beträgt dieser Wert lediglich 44 Prozent. Die Zahl der Beschäftigten stieg im Vergleich zu Umsatz und Wertschöpfung nur moderat, mit lediglich rund 5.000 mehr als noch 2019.

Die Studie enthält jedoch zunächst keine Daten darüber, wie viel die einzelnen Teilbereiche zum Gesamtumsatz von 17,4 Milliarden Euro beigetragen haben und wie hoch die Überschüsse ausfielen. Die vollständige Studie wird im Dezember veröffentlicht. Einige Bereiche sind jedoch bereits erfasst: So betrug der Umsatz im deutschen Markt für Musikaufnahmen im vergangenen Jahr 2,21 Milliarden Euro, was einem Plus von 6,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht.

Stark gestiegene Kosten für Konzerte

Der Umsatz im Live-Bereich fiel noch einmal deutlich höher aus. Johannes Everke, Geschäftsführer des Bundesverbands der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV), nannte im Rahmen der Vorstellung der Studie die Summe von 5,6 Milliarden Euro, während Daniel Knöll, Geschäftsführer des Dachverbandes der Musikinstrumenten- und Musikequipment-Branche (SOMM), für seinen Bereich von einem Umsatz von 2,86 Milliarden Euro sprach.

Allerdings wies Everke darauf hin, dass die Kosten für die verschiedenen Gewerke seit der Pandemie erheblich gestiegen sind. Erfolgsmeldungen von ausverkauften Festivals und Tourneen von Stars dürften nicht darüber hinwegtäuschen, dass Shows von kleinen und mittleren Künstlern teils zu Verlustgeschäften geworden sind. Gerade diese Künstler können die gestiegenen Kosten nur schwer über die Ticketpreise weitergeben, während bei den Stars der Branche Preise von über 100 Euro oft kein Problem darstellen. Gleichzeitig verbraucht das Budget mancher Musikfans bei wenigen größeren und teureren Konzerten schneller.

Mehreinnahmen für Kommunen durch Tourneen

Im Rahmen der Studie wurden auch die sogenannten „Ausstrahlungseffekte“ der Branche untersucht. Diese Einnahmen stehen in Zusammenhang mit Musik, werden jedoch nicht direkt von der Branche selbst erwirtschaftet. Insgesamt kamen im vergangenen Jahr knapp 28 Milliarden Euro zusammen. Der kleinste Teil (2,8 Milliarden Euro) wird dem Kauf von Audio-Equipment zugeschrieben, während 12,8 Milliarden Euro aus der Vermarktung von audiovisuellen Medienprodukten mit Musikinhalten stammen. Dazu zählen Werbung im Radio oder Fernsehen, Videostreaming-Abos sowie Einnahmen aus Kinofilmen oder Computerspielen. Der Musiktourismus steuerte der Studie zufolge 11,7 Milliarden Euro bei.

Gerade bei großen Tourneen, die Zehntausende in die jeweiligen Konzertorte locken, wird stets auf die Einnahmen für die lokale Wirtschaft verwiesen. Zuletzt geschah dies beispielsweise bei Taylor Swifts „Eras Tour“, wo ihr Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) angeführt wurde. Auch die zehn Konzerte von Adele im August in München hatten erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen. Laut Schätzungen des städtischen Wirtschaftsreferenten Clemens Baumgärtner standen rund eine halbe Milliarde Euro an Ausgaben im lokalen Einzelhandel, der Gastronomie und den Hotels in Zusammenhang mit diesen Konzerten.

Methodik der Studie

Die vom Land Hamburg und dem Bund geförderte Studie basiert auf einer Online-Befragung von 1.627 Selbständigen und Unternehmen, die von April bis Juli dieses Jahres durchgeführt wurde. Diese Gruppe erwirtschaftete zusammen einen Umsatz von rund 3,1 Milliarden Euro. In einem zweiten Schritt wurden die Ergebnisse mit Daten der amtlichen Statistik, wie der Umsatzsteuerstatistik, Daten der Künstlersozialkasse sowie weiteren Studien und öffentlich verfügbaren Geschäftsberichten von relevanten Unternehmen hochgerechnet.

Im Vergleich zu den Studien aus den Jahren 2015 und 2019 wurden methodische Veränderungen vorgenommen, die teilweise eine Neuberechnung von Werten notwendig machten. Dies erklärt auch die Abweichungen hinsichtlich des Gesamtumsatzes 2019: Die aktuelle Studie geht von 14,8 Milliarden Euro aus, während in der 2020 vorgestellten Auswertung von 13,6 Milliarden Euro die Rede war. Berücksichtigt wurden für die Auswertung nur private Unternehmen; Daten von öffentlich geförderten Musikschulen, Theatern oder Orchestern flossen nicht ein.

Die Ergebnisse der Studie belegen eindrucksvoll, dass die Musikwirtschaft nicht nur eine kulturelle Bedeutung hat, sondern auch ein bedeutender Wirtschaftssektor ist, der in den letzten Jahren stetig gewachsen ist und dabei nicht nur beim Umsatz zugelegt hat, sondern auch immer mehr Menschen einen Arbeitsplatz bietet.

Die vollständige Studie wird im Dezember veröffentlicht und wird auf den Websites der herausgebenden Verbände und Verwertungsgesellschaften sowie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz zur Verfügung gestellt.

Quellen: F.A.Z., dpa, Musikindustrie.de

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