19.10.2024
Belarus Wahlen im Schatten der Unterdrückung
In Belarus, einem Land, das seit 1994 von Präsident Alyaksandr Lukaschenka regiert wird, fanden am 25. Februar die Parlaments- und Kommunalwahlen statt. In einer Wahl, die von Beobachtern als weit entfernt von demokratischen Standards beschrieben wird, waren keine Oppositionskandidaten vertreten. Die Wahlen, die die 110 Sitze des Nationalparlaments und rund 12.000 Posten in den Gemeinderäten betrafen, wurden unter strengen Sicherheitsvorkehrungen durchgeführt. Diese Wahl kommt zu einem Zeitpunkt, an dem das Land keine nennenswerte politische Opposition mehr hat, da viele Oppositionelle entweder inhaftiert oder ins Exil gezwungen wurden. Die belarussische Zivilgesellschaft erlebte in den letzten Jahren einen drastischen Rückschlag. Nach den massiven Protesten im Jahr 2020, die durch die als gefälscht geltenden Präsidentschaftswahlen ausgelöst wurden, reagierte das Lukaschenka-Regime mit einer eisernen Faust. Nichtregierungsorganisationen wurden aufgelöst und Aktivisten verfolgt. Kritische Äußerungen in sozialen Medien oder ein "Like" an der falschen Stelle können in Belarus schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen, einschließlich Haftstrafen. Unabhängige Medien, die gegen das Regime sind, arbeiten aus dem Ausland, da die Bedingungen im Land ein freies Berichten unmöglich machen. Die Wahlen selbst waren von zahlreichen Unregelmäßigkeiten geprägt. Internationale Wahlbeobachter, wie beispielsweise von der OSZE, wurden nicht eingeladen, was die Transparenz und Glaubwürdigkeit des Wahlprozesses in Frage stellt. Die Namen der Mitglieder der Wahlkommissionen wurden geheim gehalten, und das Fotografieren von Stimmzetteln wurde verboten, was in der Vergangenheit eine Methode war, um Wahlfälschungen aufzudecken. Die demokratischen Kräfte des Landes, die von Sviatlana Tsikhanouskaya angeführt werden, die selbst im Exil lebt und sich als demokratisch gewählte Präsidentin von Belarus sieht, riefen zum Boykott der Wahlen auf. Ihre Aufrufe wurden jedoch weitgehend ignoriert, und ihre eigene Legitimität steht zunehmend in Frage, da es den demokratischen Kräften nicht gelungen ist, eine klare Alternative oder Vision für die politische Zukunft des Landes zu bieten. Die Sicherheitsmaßnahmen vor den Wahlen waren umfassend. Die Sicherheitsdienste bereiteten sich auf mögliche Provokationen vor, obwohl Störungen aufgrund der totalen Unterdrückung unwahrscheinlich waren. Es gab kaum Wahlkampf oder politische Diskussionen über die Inhalte der Wahlprogramme, da die meisten Kandidaten lediglich den Status Quo versprachen. In einem Land, das Russland als Ausgangspunkt für die Invasion in die benachbarte Ukraine diente, ist die Angst vor einer aktiven Beteiligung am Krieg groß. Umfragen zeigen, dass eine Teilnahme der belarusischen Streitkräfte am Krieg in der Ukraine und Pläne, russische taktische Atomwaffen in Belarus zu stationieren, sehr unpopulär sind. Die Wahlen werden als Generalprobe für die Präsidentschaftswahlen im Jahr 2025 gesehen, bei denen Lukaschenka voraussichtlich erneut kandidieren wird. Die Allbelarusische Volksversammlung, ein Organ „der direkten Demokratie“, das erheblich aufgewertet wurde, wird sich auf Grundlage dieser Wahlergebnisse konstituieren. Diese Versammlung kann nun Verfassungsänderungen initiieren, das Kriegsrecht einführen und den Präsidenten absetzen. Es wird erwartet, dass Lukaschenka selbst den Vorsitz übernehmen wird. Angesichts der starken internationalen Kritik und der Forderungen nach Freilassung politischer Gefangener steht Belarus weiterhin im Fokus der Weltöffentlichkeit. Der Tod Aleksej Nawalnys im russischen Gefängnis hat erneut die Dringlichkeit der Situation in Belarus und die Notwendigkeit internationaler Unterstützung hervorgehoben. Die Zukunft des Landes bleibt ungewiss, da die Wahlen ohne echten Wettbewerb und unter Bedingungen stattfanden, die weit von dem entfernt sind, was international als frei und fair gilt.
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