September 11, 2024
Wendepunkt im Wahlkampf: Trump und Harris im direkten Duell

Fernsehdebatte in Amerika: Trump hat die Köder geschluckt

Im Rahmen der US-Präsidentschaftswahlen fand ein mit Spannung erwartetes Fernsehduell zwischen dem ehemaligen Präsidenten Donald Trump und der amtierenden Vizepräsidentin Kamala Harris statt. Die Debatte, die im National Constitution Center in Philadelphia stattfand, begann mit einem symbolischen Handschlag, der als Zeichen des Respekts zwischen den beiden Kontrahenten interpretiert wurde. Harris, die Trump zuvor nie persönlich getroffen hatte, ging auf ihn zu und stellte sich vor, was einen deutlichen Kontrast zu Trumps früherem Auftritt gegen Joe Biden darstellte, bei dem ein ähnlicher Handschlag ausblieb.

In den ersten Minuten der Debatte wirkte Trump gelassen und kontrolliert. Doch schon bald zeigte sich, dass Harris eine Strategie verfolgte, die darauf abzielte, Trump aus dem Gleichgewicht zu bringen. Sie präsentierte sich präsidentiell und wandte sich direkt an das amerikanische Volk, während sie geschickt provokante Fragen und Bemerkungen einstreute. Trump reagierte in der Folge zunehmend gereizt und aggressiv, was sich in seiner Mimik und seinem Tonfall widerspiegelte.

Harris konnte in der Debatte viele ihrer Argumente überzeugend vortragen. Sie trat auf wie eine Staatsanwältin, die in ihrem Schlussplädoyer die wichtigsten Punkte zusammenfasste. Ihre Fähigkeit, dem Druck standzuhalten und sich klar zu positionieren, war bemerkenswert. Während Trump sich in seiner gewohnten, selbstverliebten Art präsentierte, verzichtete er auf die üblichen beleidigenden Ausdrücke, die oft Teil seiner Rhetorik sind.

Ein zentrales Thema der Debatte war die Wirtschaft. Trump nutzte die Gelegenheit, um Harris und die Biden-Regierung für die aktuelle wirtschaftliche Lage der USA verantwortlich zu machen. Er stellte die Frage, warum Harris in den letzten dreieinhalb Jahren keine ihrer angekündigten Maßnahmen umgesetzt habe. Harris hingegen wies darauf hin, dass sie zunächst die Probleme, die Trump während seiner Amtszeit verursacht hatte, beheben musste, bevor sie mit ihren eigenen Plänen zur „Wirtschaft der Möglichkeiten“ beginnen konnte.

Ein weiteres wichtiges Thema war die Migrationskrise. Trump begann, die Biden-Harris-Regierung für die vermeintliche Zunahme illegaler Einwanderung zu kritisieren, indem er behauptete, Millionen von Migranten, einschließlich Krimineller, seien ins Land gelassen worden. Er brachte sogar bizarre Gerüchte zur Sprache, wonach haitianische Migranten in Ohio Haustiere stehlen würden, um sie zu essen. Diese Behauptungen wurden von den Moderatoren der Debatte als unbegründet zurückgewiesen, was Harris die Möglichkeit gab, auf die Erfolge der Biden-Harris-Regierung in Bezug auf die Grenzsicherung hinzuweisen.

Als das Thema Abtreibung zur Sprache kam, musste Trump sich rechtfertigen, warum er sich von den von ihm nominierten Verfassungsrichtern distanzierte, die das Grundsatzurteil Roe v. Wade gekippt hatten. Harris konfrontierte ihn mit der Tatsache, dass er ein nationales Abtreibungsverbot ohne Ausnahmen unterstützen würde, und bezeichnete seine Aussagen über die Position der Demokraten als Lügen. Sie betonte, dass die Amerikaner nicht zu den alten, abgedroschenen Argumenten zurückkehren wollten, die Trump vorbrachte.

Ein weiterer kritischer Punkt war die Kapitolerstürmung vom 6. Januar 2021. Trump wurde gefragt, ob er etwas bereue, und blieb stur in seiner Antwort, dass er nichts mit den Ereignissen zu tun gehabt habe. Er versuchte, die Verantwortung von sich zu weisen und lenkte die Diskussion auf andere Themen, wie die Behandlung von Migranten und den Umgang mit Protesten in Minneapolis. Harris nutzte diese Gelegenheit, um auf die Anklagen gegen Trump wegen Wahlverschwörung hinzuweisen und dessen Drohungen zu erwähnen, sich an der Biden-Regierung zu rächen.

Die Debatte war nicht nur ein Austausch von Argumenten, sondern auch ein Kampf um die Wahrnehmung der Wähler. Harris gelang es, Trump in eine defensive Position zu drängen, während Trump versuchte, seine Kernwählerschaft zu mobilisieren. Trotz einiger gelungener Angriffe auf Harris konnte er nicht verhindern, dass sie sich als starke und fähige Kandidatin präsentierte.

Insgesamt zeigte sich, dass Harris in der Debatte die Oberhand hatte und Trump oft in die Defensive drängte. Während er in seiner gewohnten Art auftrat, wirkte er gegen Ende der Debatte zunehmend unzusammenhängend und gereizt. Erste Blitzumfragen nach der Debatte deuteten darauf hin, dass Harris möglicherweise bei den unentschlossenen Wählern punkten konnte, was für den weiteren Verlauf des Wahlkampfes von Bedeutung sein könnte.

Das Fernsehduell zwischen Trump und Harris wird als entscheidender Moment im Wahlkampf angesehen, da es beiden Kandidaten die Möglichkeit gab, ihre Positionen zu klären und sich den Wählern vorzustellen. Die Reaktionen auf die Debatte werden die Dynamik des Wahlkampfes in den kommenden Wochen maßgeblich beeinflussen.

Die Debatte wurde von den ABC-News-Journalisten David Muir und Linsey Davis moderiert und fand ohne Publikum statt, was eine besondere Atmosphäre schuf. Die Themen, die während der Debatte behandelt wurden, sind für die Wähler von großer Bedeutung, und beide Kandidaten waren sich bewusst, dass es darum ging, die unentschlossenen Wähler für sich zu gewinnen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Kamala Harris in diesem Duell einen klaren Punktesieg erringen konnte, während Donald Trump Schwierigkeiten hatte, seine Argumente kohärent zu präsentieren. Die Debatte wird als Wendepunkt im Wahlkampf angesehen, der die Wähler möglicherweise in eine bestimmte Richtung lenken könnte.

Quellen: F.A.Z., NZZ, ZDF

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