Im laufenden Wirecard-Prozess vor dem Landgericht München I ist ein entscheidender Zeuge kurzfristig abgesprungen. Wie die Zeit (https://www.zeit.de/news/2024-11/12/wirecard-prozess-muss-ohne-whistleblower-auskommen) und der Tagesspiegel (https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/wichtiger-zeuge-sagt-ab-wirecard-prozess-muss-ohne-whistleblower-auskommen-12691550.html) berichten, handelt es sich um einen singapurischen Rechtsanwalt, der maßgeblich zur Aufdeckung der mutmaßlichen Scheingeschäfte beigetragen hat. Das Gericht bestätigte die Absage, nannte aber keinen Namen. Mehrere Medien identifizieren den Anwalt als Pav Gill.
Gill war ehemals für die Rechtsabteilung von Wirecard in Singapur tätig. Dort stieß er auf verdächtige Vorgänge, die auf Scheingeschäfte hindeuteten. Er informierte die Konzernzentrale in Aschheim bei München, sah aber nach eigenem Ermessen keine Reaktion des Managements. Daraufhin wandte er sich an Journalisten der Financial Times, Staatsanwälte und Wirtschaftsprüfer. Die Financial Times veröffentlichte im Februar 2019 den ersten Artikel basierend auf Gills Informationen, was eine Reihe weiterer Enthüllungen auslöste und letztendlich zum Zusammenbruch des Dax-Konzerns im Sommer 2020 führte.
Der ehemalige Wirecard-Chef Markus Braun, der sich seit über vier Jahren in Untersuchungshaft befindet, wird nun im Gerichtssaal nicht dem Mann gegenüberstehen, der die entscheidenden Informationen lieferte. Obwohl die Financial Times bereits zuvor über Unregelmäßigkeiten bei Wirecard berichtet hatte, war Gill, wie t-online (https://www.t-online.de/finanzen/aktuelles/id_100529310/wirecard-prozess-muss-ohne-whistleblower-auskommen.html) berichtet, der erste, der konkrete Hinweise auf Scheingeschäfte und Bilanzmanipulationen an die Zeitung weitergab.
Die Absage des wichtigen Zeugen stellt einen Rückschlag für den Prozess dar. Das Gericht muss nun ohne die Aussage des Whistleblowers auskommen und alternative Wege finden, die relevanten Informationen zu erhalten. Wie sich die Abwesenheit auf den Prozessverlauf auswirken wird, bleibt abzuwarten.
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