19.10.2024
Wormser Theaterpremiere von Falsche Götter begeistert Publikum

Wormser Theaterpremiere: „Falsche Götter“ von Albert Ostermaier

Am 30. Juli 2024 feierte das Wormser Theater die Premiere des konzertanten Melodrams „Falsche Götter“ von Albert Ostermaier im Rahmen der Nibelungenfestspiele 2024. Diese Uraufführung ist ein bedeutendes Ereignis für die Theaterlandschaft der Region und zieht sowohl Theaterliebhaber als auch Kritiker an. „Falsche Götter“ ist ein Werk, das durch seine sprachliche Dichte und musikalische Begleitung besticht und gleichzeitig tief in die mythologische Erzähltradition eintaucht.

Der Beginn eines neuen Kapitels

Der Einstieg in das Stück ist vielversprechend. Die wiederkehrende Prämisse „wie das wird wird das/ wie das wie wird/ wie am Ende ein/ nie wird“ zieht sich durch die gesamte Inszenierung und gibt einen ersten Eindruck von der poetischen Sprache, die Ostermaier meisterhaft beherrscht. In neun Blöcken wird das Schicksalsdrama der drei Nornen, den Schicksalsgöttinnen aus der nordischen Mythologie, neu interpretiert. Diese Figuren sind bekannt aus Wagners „Götterdämmerung“, wo sie als Norne der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft auftreten und die Erzählung mitbestimmen.

Künstlerische Ansätze und lyrische Qualitäten

Albert Ostermaier ist ein Dramatiker, der sich durch seine lyrischen Qualitäten einen Namen gemacht hat. Bereits mit seinem ersten Lyrikband „Verweigerung der Himmelsrichtung“ im Jahr 1988 hat er die literarische Szene bereichert. In „Falsche Götter“ lässt er seine lyrische Begabung erneut aufblitzen, auch wenn einige seiner Ansätze, wie in seinem Werk „Polar“, nicht immer die gewünschte Wirkung entfalten konnten. Der Text ist durchzogen von Assoziationen und Anspielungen, die sowohl stark als auch schwach ausgeprägt sind. Besonders die Erwähnung des berühmten „Wagalaweia“ aus dem „Rheingold“ und Zitate aus der Edda zeigen den bildungshuberischen Ansatz, der das Stück prägt.

Mythen und ihre Deutung

Ein zentraler Aspekt des Werkes ist die Reflexion über die Konstruktion von Geschichte und Geschichten. Ostermaier deutet Beziehungen zwischen den mythologischen Figuren an, darunter eine mögliche Liebesgeschichte zwischen Siegfried und Hagen sowie zwischen Siegfried und Gunther. Diese Anspielungen erzeugen ein Gefühl von zeitgenössischem Drama und zeigen, dass die alten Mythen auch heute noch relevant sind.

Musikalische Begleitung und Aufführung

Die musikalische Umsetzung des Stückes erfolgt durch das Modern String Quartet und das Voyager Quartet, in dem die Komponisten Andreas Höricht und Winfried Zrenner aktiv mitwirken. Die Musik ist, im Vergleich zu anderen zeitgenössischen Werken, sehr zugänglich und umfasst Zitate aus Wagners „Götterdämmerung“ sowie verschiedene Filmscores. Besonders die wiederkehrenden Klezmer-Elemente verleihen dem Stück eine besondere Dynamik und Tiefe.

Die Darstellerinnen und ihre Leistungen

Ein herausragendes Merkmal der Premiere sind die drei Schauspielerinnen: Sophie von Kessel, Wiebke Puls und Dennenesch Zoudé. Mit einer leicht martialischen Ausstrahlung und in schwarzer Kleidung treten sie als Nornen auf und bringen den Text zum Leben. Jede Schauspielerin interpretiert ihre Rolle auf einzigartige Weise: Sophie von Kessel strahlt eine filigrane Kraft aus und verkörpert die Fragilität und den Zweifel ihrer Figur. Wiebke Puls hingegen bringt eine moderne, forciert pointierte Darbietung, die den Zuschauer direkt anspricht. Dennenesch Zoudé steigert sich im Laufe des Abends zu einer virtuosen Textakrobatin, die das Publikum mitreißt.

Regie und Inszenierung

Die Regie von Ludger Engels ist zurückhaltend und lässt den Darstellerinnen Raum zur Entfaltung. Die Verwendung von einfachen Accessoires, wie einer Lederjacke oder einem Trenchcoat, verstärkt die Verbindung zu den mythologischen Figuren und schafft gleichzeitig einen modernen Kontext. Diese minimalistische Herangehensweise trägt dazu bei, dass die Zuschauer sich auf die sprachlichen und musikalischen Elemente konzentrieren können.

Ein gelungener Abend

Die Premiere von „Falsche Götter“ war ein gelungener Abend, der das Publikum in die Welt der nordischen Mythen entführte und gleichzeitig aktuelle Themen ansprach. Die Kombination aus lyrischem Text, musikalischer Untermalung und beeindruckenden schauspielerischen Leistungen machte diesen Abend zu einem unvergesslichen Erlebnis. Die Wormser Theaterpremiere hat somit nicht nur die Zuschauer begeistert, sondern auch einen bedeutenden Beitrag zur Theaterkultur in der Region geleistet.

Ausblick auf die kommende Spielzeit

Die Wormser Festspiele sind bekannt für ihre Vielfalt und ihre innovativen Ansätze im Theater. Mit der Uraufführung von „Falsche Götter“ wird eine neue Ära eingeläutet, die die Zuschauer auf weitere spannende Inszenierungen in der kommenden Spielzeit neugierig macht. Das Wormser Theater bleibt ein wichtiger Ort für kulturelle Veranstaltungen und eine Plattform für zeitgenössische Künstler, die bereit sind, alte Mythen neu zu interpretieren und in einem modernen Kontext zu präsentieren.

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