Kirchengebäude haben eine weitreichende Bedeutung, die über ihre religiöse Funktion hinausgeht. Sie prägen das Stadtbild, dienen als kulturelle Zentren und bieten Raum für gesellschaftliche Veranstaltungen. Die emotionale Bindung vieler Menschen an diese Bauwerke wurde durch die Wiedereröffnung von Notre-Dame in Paris nach dem Brand deutlich, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) am 24.12.2024 berichtete. Daniel Deckers (F.A.Z.) sieht in der Kathedrale ein Symbol für die lange währende Verbindung von Religion und Politik. Auch die renovierte Berliner St.-Hedwigs-Kathedrale, die im 18. Jahrhundert als Gotteshaus für religiöse Minderheiten errichtet wurde, steht laut F.A.Z. für Toleranz und unterstreicht die kulturelle und politische Bedeutung sakraler Räume.
Die Zukunft der Kirchengebäude ist jedoch unsicher. Der Rückgang der Kirchenmitglieder, so die F.A.Z., hat weitreichende Folgen, insbesondere für den Erhalt der Gebäude. Sinkende Einnahmen erschweren die Instandhaltung der historischen Bauwerke, die neben ihrer religiösen Funktion auch wertvolle Kulturgüter beherbergen. Die F.A.Z. berichtet, dass die katholische Kirche jährlich etwa 400 Millionen Euro für die Erhaltung historischer Gebäude aufwendet. Trotzdem werden immer mehr Kirchen umgenutzt oder abgerissen, weil sich der Erhalt für die kirchlichen Eigentümer nicht mehr rentiert, besonders im Ruhrgebiet, wo viele prägnante Nachkriegskirchen betroffen sind, so die F.A.Z.
Kirchen bieten jedoch mehr als nur Raum für religiöse Handlungen. Sie sind Orte der Begegnung, des Trostes und der Gemeinschaft, wie der Artikel "Mit Kindern sakrale Räume erschließen" im Anzeiger für die Seelsorge (6/2022) hervorhebt. Die Kirchenraumpädagogik will Menschen, besonders Kindern, die mit christlichen Traditionen nicht vertraut sind, die Bedeutung dieser Räume vermitteln. Atmosphäre, Stille, Licht und Symbolik der Kirchen sprechen viele Menschen an, unabhängig von ihrer religiösen Überzeugung, wie auch StudySmarter in einem Artikel über sakrale Räume ausführt. Sie laden zur Reflexion ein und bieten eine Möglichkeit, dem Alltag zu entfliehen.
Die Gestaltung sakraler Räume spielt eine wichtige Rolle für die Vermittlung religiöser Inhalte. "Die Gegenwart Christi unter den Menschen. Sakralräume und ihre Gestaltung" im Anzeiger für die Seelsorge (6/2015) erläutert, wie Architektur und Ausstattung von Kirchen die Erfahrung der Gegenwart Christi in der Liturgie unterstützen. Altar, Taufbecken, das Wort Gottes und die Apsis symbolisieren wichtige Stationen im menschlichen Leben. Moderne Kirchenbauten berücksichtigen auch neue theologische Konzepte wie die Communio-Ekklesiologie, die die Gemeinschaft der Gläubigen um Christus betont.
Auch aus soziologischer Sicht sind sakrale Räume relevant. Armin Nassehi untersucht in seinem Essay "Sakraler Raum – (religions)soziologisch" (Spiritual Care, 2018) die Frage, was Räume sakral macht. Er hebt die Verbindung zwischen Kirchenbau und Institution Kirche hervor und verweist auf die zunehmende Trennung von Religiosität und Kirchlichkeit in der modernen Gesellschaft. Nassehi argumentiert, dass die Unterscheidung zwischen sakralen und profanen Räumen in einer säkularisierten Gesellschaft an Bedeutung verliert, da religiöse Symbole und Praktiken in den Alltag integriert werden.
Die Frage, was wir Menschen ohne Kirchen wären, ist komplex. Kirchengebäude sind mehr als nur Glaubensstätten. Sie sind Teil unserer Kultur, Geschichte und unseres gesellschaftlichen Lebens. Ihre Zukunft hängt jedoch stark von der Entwicklung der Kirchen als Institutionen und ihrer Fähigkeit ab, sich an die verändernden gesellschaftlichen Bedürfnisse anzupassen.
Quellen: