19.10.2024
Zunahme rechtsextremer Straftaten in Hessen erfordert entschlossenes Handeln

Verfassungsschutz in Hessen: Anstieg rechtsextremer Straftaten um 37 Prozent

Die Sicherheitslage in Hessen hat sich in den letzten Jahren zunehmend verschärft, insbesondere im Hinblick auf rechtsextreme Straftaten. Der hessische Innenminister Roman Poseck (CDU) stellte kürzlich den Verfassungsschutzbericht vor, der alarmierende Zahlen zu den Entwicklungen im Bereich des Rechtsextremismus präsentiert. Laut dem Bericht ist die Zahl der rechtsextremistischen Straftaten im Jahr 2023 um 394 auf insgesamt 1.445 Delikte gestiegen, was einem Anstieg von 37 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Dies stellt den höchsten Stand im Zehnjahresvergleich dar.

Poseck betonte, dass jeder zweite Rechtsextremist in Hessen als gewaltorientiert eingestuft wird. Diese Entwicklung wird von einer aggressiven Rhetorik und Gewaltphantasien innerhalb der Neonaziszene begleitet. Bernd Neumann, Präsident des hessischen Verfassungsschutzes, wies darauf hin, dass die Aneignung von Kampftechniken in dieser Szene zunehmend an Bedeutung gewinnt. Die sogenannten „Neuen Rechten“ nutzen gesellschaftliche Ängste, insbesondere im Zusammenhang mit Migration, um Ressentiments zu schüren und ihre verfassungsfeindliche Ideologie zu verbreiten.

Poseck forderte in diesem Zusammenhang eine umfassende Antwort des Rechtsstaates auf die Herausforderungen, die sowohl von links als auch von rechts sowie von innen und außen ausgehen. Um Radikalisierungstendenzen, insbesondere bei potenziellen Einzeltätern, besser zu erkennen und zu bekämpfen, sei es notwendig, die Befugnisse der Sicherheitsbehörden zu erweitern. Dazu gehört unter anderem die Speicherung von IP-Adressen, um die Kommunikation in Chatgruppen besser überwachen zu können.

Ein weiterer Aspekt, den Poseck hervorhob, ist die Notwendigkeit, das Waffenrecht zu verschärfen und die irreguläre Migration zu begrenzen. Auch die konsequente Abschiebung ausländischer Straftäter wird als wichtiger Baustein zur Erhöhung der Sicherheit angesehen. Die Stärkung der inländischen Nachrichtendienste ist ebenfalls ein zentrales Anliegen, um die Abhängigkeit von ausländischen Informationen zu verringern und eigene Erkenntnisse zu gewinnen.

Die Reichsbürgerszene, die ebenfalls im Fokus des Verfassungsschutzes steht, hat sich im vergangenen Jahr um 100 Personen auf insgesamt 1.200 Mitglieder vergrößert. Diese Szene reicht von Verschwörungsgläubigen bis hin zu hochgefährlichen, waffenaffinen Extremisten. Poseck warnte, dass die Radikalisierung innerhalb dieser Gruppen eine ernsthafte Bedrohung für die verfassungsmäßige Ordnung darstellt.

Zusätzlich zu den rechtsextremen Straftaten sind auch antisemitische Straftaten in Hessen gestiegen. Nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 stieg die Zahl antisemitischer Straftaten um 224 Prozent auf 347 Fälle. Poseck forderte, dass derartige Äußerungen, die das Existenzrecht Israels leugnen, strafrechtlich verfolgt werden sollten, um den Behörden die Möglichkeit zu geben, rechtssichere Verbote von Versammlungen auszusprechen.

Die Sicherheitslage in Hessen wird als insgesamt angespannt beschrieben. Poseck betonte, dass die Gefährdung durch terroristische Gruppierungen wie den Islamischen Staat weiterhin hoch sei. Im vergangenen Jahr wurden 146 islamistische Straftaten verzeichnet, was einem Anstieg von mehr als dem Vierfachen im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Die Bekämpfung des Islamismus bleibt ein Schwerpunkt der hessischen Sicherheitsbehörden, um die verfassungsmäßige Ordnung zu schützen.

Die aktuellen Entwicklungen im Bereich des Rechtsextremismus und der Zunahme extremistischer Straftaten erfordern ein koordiniertes Vorgehen der Sicherheitsbehörden sowie eine klare politische Antwort. Poseck forderte die Bundesregierung auf, die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Stärkung der Sicherheitsbehörden zu schaffen und ein Gesamtpaket für mehr Sicherheit zu entwickeln.

Die Herausforderungen, die sich aus dem Anstieg rechtsextremer und extremistischer Straftaten ergeben, sind komplex und erfordern eine umfassende Strategie, um die freiheitliche demokratische Grundordnung in Hessen zu verteidigen.

Quellen: F.A.Z., Hessisches Ministerium des Innern, für Sicherheit und Heimatschutz

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