September 18, 2024
AfD scheitert vor dem Bundesverfassungsgericht bei Ausschussvorsitzen

AfD verliert Klagen in Karlsruhe auf Vorsitz in Ausschüssen des Bundestages

Die Alternative für Deutschland (AfD) hat vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eine bedeutende Niederlage erlitten. In zwei Organklagen, die die Partei eingereicht hatte, wurde ihr kein Anspruch auf die Besetzung von Vorsitzenden in den Ausschüssen des Bundestages zugesprochen. Das Gericht entschied einstimmig, dass die Abwahl des AfD-Abgeordneten Stephan Brandner als Vorsitzender des Rechtsausschusses rechtmäßig war und dass die AfD keinen Anspruch auf die Übernahme von Ausschussvorsitzen hat.

Hintergrund der Klage

Die AfD hatte gegen die Abwahl Brandners geklagt, da sie sich in ihren Rechten auf Gleichbehandlung als Fraktion verletzt fühlte. Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts stellte jedoch fest, dass die Partei sich zwar auf das Recht auf Gleichbehandlung berufen kann, die Durchführung der Wahlen und die Abwahl der Ausschussvorsitzenden jedoch im Rahmen der Geschäftsordnungsautonomie des Bundestages liegen. Diese Autonomie ist im Grundgesetz verankert und gibt dem Bundestag das Recht, seine eigenen Verfahren zu regeln.

Entscheidung des Gerichts

Das Gericht bewertete Teile der Klagen als unzulässig, da sie sich gegen den Bundestag als Gesamtorgan sowie gegen die Präsidentin des Bundestages und das Präsidium richteten. Das Gericht stellte klar, dass die passiv prozessführungsbefugte Partei die Ausschüsse selbst sind, die die betreffenden Maßnahmen verantworten. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass Rechte, die nur in der Geschäftsordnung des Bundestages verankert sind, nicht in einem Organstreit geltend gemacht werden können.

Der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit

Ein zentrales Argument der AfD war, dass die Ausschüsse ein „verkleinertes Abbild des Plenums“ sein sollten und somit die Zusammensetzung der Fraktionen widerspiegeln müssten. Das Gericht wies jedoch darauf hin, dass dieser Grundsatz nicht für organisatorische Funktionen gilt. Der Zugang zu Leitungsämtern, die nicht zur inhaltlichen Vorformung der parlamentarischen Willensbildung beitragen, ist nicht durch das Prinzip der Spiegelbildlichkeit geschützt.

Die Abwahl von Stephan Brandner

Die Abwahl Brandners, die im November 2019 stattfand, wurde ebenfalls vom Gericht als rechtmäßig erachtet. Brandner war in der Vergangenheit durch umstrittene Äußerungen, insbesondere auf Twitter, aufgefallen. Nach einem rechtsextremistischen Anschlag in Halle hatte er einen Tweet geteilt, der zwischen „deutschen“ Opfern und Opfern in Moscheen und Synagogen unterschied. Diese und andere Äußerungen führten dazu, dass er das Vertrauen der Mehrheit der Ausschussmitglieder verloren hatte, was eine effektive Zusammenarbeit im Ausschuss unmöglich machte.

Auswirkungen auf die AfD

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat weitreichende Folgen für die AfD. In der aktuellen Legislaturperiode hat die Partei keinen Ausschussvorsitz inne, obwohl ihr aufgrund ihrer Stärke im Bundestag theoretisch drei Vorsitze zustehen würden. Bei den Wahlen zu den Vorsitzenden der Ausschüsse für Inneres, Gesundheit und Entwicklung scheiterten die AfD-Kandidaten an der erforderlichen Mehrheit. Dies führt dazu, dass die stellvertretenden Vorsitzenden die Ausschüsse leiten, was die Position der AfD im Bundestag weiter schwächt.

Reaktionen auf das Urteil

Nach der Urteilsverkündung äußerte sich Brandner kritisch und bezeichnete den Tag als „schwarz für den Parlamentarismus“. Er argumentierte, dass die Rechte der Opposition durch die Entscheidung massiv geschwächt würden. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Fechner, hingegen begrüßte das Urteil als einen guten Tag für den Parlamentarismus und kündigte an, dass die Regierungsfraktionen eine Präzisierung der Geschäftsordnung des Bundestages vorschlagen würden. Diese soll klare Regeln für die Abwahl von Ausschussvorsitzenden und Schriftführern im Präsidium festlegen.

Schlussfolgerung

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts stellt einen weiteren Rückschlag für die AfD dar, die weiterhin um ihre Position im Bundestag kämpft. Die Klage und das Urteil verdeutlichen die Herausforderungen, mit denen die Partei konfrontiert ist, insbesondere in Bezug auf ihre Wahrnehmung und Behandlung im parlamentarischen Prozess. Während die AfD ihre Rechte auf Gleichbehandlung und effektive Opposition einfordert, bleibt die Frage, wie sich die politische Landschaft in Deutschland weiter entwickeln wird und welche Rolle die AfD dabei spielen kann.

Quellen: FAZ, Süddeutsche Zeitung, RND, Tagesspiegel, Bundesverfassungsgericht.

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