19.10.2024
Zwischen Einigung und Zweifel Lindners Haushaltsplan 2025 auf dem Prüfstand
Die Ampelkoalition hat sich nach intensiven Verhandlungen auf einen Haushaltsentwurf für das Jahr 2025 geeinigt. Trotz dieser Einigung bestehen erhebliche Zweifel und Kritikpunkte an dem Entwurf, der noch lange nicht beschlossene Sache ist. Der Haushaltsplan von Finanzminister Christian Lindner (FDP) weist weiterhin eine milliardenschwere Finanzierungslücke auf, und die Diskussionen darüber sind noch nicht beendet. Was steht in Lindners Haushaltsentwurf für 2025? Der Bundeshaushalt für das kommende Jahr sieht Ausgaben in Höhe von gut 480 Milliarden Euro vor. Geplant ist eine Nettoneuverschuldung von knapp 44 Milliarden Euro, um die Regeln der Schuldenbremse einzuhalten. Dennoch klafft im Entwurf eine Lücke von 17 Milliarden Euro, die sogenannte globale Minderausgabe. Ein Teil dieser Lücke soll durch nicht verbrauchte Mittel der Ministerien gestopft werden. Acht Milliarden Euro will Lindner durch umstrittene Maßnahmen mobilisieren, wie etwa durch Restmittel bei der staatlichen Förderbank KfW. Auch die Umwandlung von Zuschüssen an die Autobahngesellschaft und die Deutsche Bahn in Darlehen, die nicht unter die Schuldenbremse fallen, wird in Betracht gezogen. Diese Maßnahmen werden jedoch noch rechtlich geprüft. Größter Einzelposten im Entwurf ist der Etat von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) mit knapp 179,4 Milliarden Euro, rund 100 Millionen Euro weniger als 2024. Dennoch muss Heil die Ausgaben im Bürgergeld um rund 5,5 Milliarden Euro verringern. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP), Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP), Innenministerin Nancy Faeser (SPD), Familienministerin Lisa Paus (Grüne) und Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) dürfen hingegen mehr Geld ausgeben. Wie und wann wird der Haushalt 2025 beraten und beschlossen? Mitte August soll der Entwurf an den Bundestag geschickt werden. Ab September werden die Zahlen dort geprüft und angepasst. Voraussichtlich wird der Entwurf im Bundestag erstmals ebenfalls im September debattiert. Im November soll der Haushalt dann vom Parlament beschlossen werden. Eine politische Besonderheit in diesem Jahr sind die Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im September. Der Ausgang dieser Wahlen könnte die Konflikte um den Haushalt innerhalb der Ampelkoalition zusätzlich verkomplizieren. Wer eine Wahl verliert, könnte bestrebt sein, sich in der Etatfrage besonders zu profilieren. Welche Streitpunkte gibt es weiterhin in der Ampelkoalition? Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hofft auf Nachbesserungen zu seinen Gunsten. Er erhielt nur 1,2 Milliarden Euro mehr – deutlich weniger als gefordert. Auch bei den Grünen setzt man auf das anstehende parlamentarische Verfahren. Vor allem bei den Ressorts Auswärtiges und Entwicklungshilfe gibt es Kürzungen. Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge fordert mehr Geld für die internationale Hilfe. Offen bleibt auch der koalitionsinterne Streit um die Kindergrundsicherung. Es ist absehbar, dass der Bundestag den Haushaltsentwurf an einigen Stellen korrigieren wird. Der generelle Kurs in der Haushalts- und Finanzpolitik ist innerhalb der Ampel weiterhin umstritten. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich äußerte sich skeptisch zu Lindners Plänen und sprach von „Kunstgriffen“. Politiker aus SPD und Grünen treten seit Monaten für eine Reform der Schuldenbremse ein, um mehr Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Klimaschutz zu ermöglichen. Was sind die Hauptkritikpunkte der Opposition? Die CDU/CSU-Fraktion kritisiert die Planungen der Ampel als unseriös und sieht sie hart an der Grenze zur Verfassungsmäßigkeit. Der CDU-Finanzpolitiker Christian Haase warf der Regierung vor, Handlungsfähigkeit nur vorzutäuschen. CDU-Chef Friedrich Merz forderte ein stärkeres Anwachsen des Verteidigungshaushalts. Die Opposition sieht den Haushalt als eine Mischung aus Luftbuchungen und fragwürdigen Praktiken. Die AfD kritisierte, der Entwurf zementiere die Ungleichheit in Deutschland. Die Linke sprach vom „schlechtesten Haushalt in der Geschichte der Bundesrepublik“. Wie schätzen Fachleute den Haushaltsentwurf ein? Finanzwissenschaftler Thiess Büttner äußerte Zweifel an einigen Vorschlägen im Entwurf, insbesondere an der Reduktion der Bürgergeldausgaben ohne Leistungskürzung. Jens Südekum, ein Kritiker der Schuldenbremse, sieht keinen Impuls für die Konjunktur im Haushaltsentwurf. Zwar sei ein Aufwuchs bei den Investitionen zu verzeichnen, aber es sei nicht der große Wurf, den Deutschland bräuchte. Der Haushaltsentwurf 2025 enthält viele Unsicherheiten und offene Fragen. Die Ampelkoalition muss in den kommenden Wochen und Monaten noch etliche Punkte klären. Ziel ist es, dass der Bundestag Ende November über die endgültige Fassung des Haushalts entscheidet. Lindner stellte vorsorglich fest, dass die Arbeit am Budget weiterhin intensiv bleibe.
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