Die Anzahl antisemitischer Straftaten in Deutschland bleibt besorgniserregend hoch. Wie die dpa am 17. Dezember 2024 meldete, hat sich die Zahl der registrierten Fälle in Mecklenburg-Vorpommern im ersten Halbjahr 2024 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mehr als verdoppelt. 69 Straftaten wurden von der Polizei erfasst, gegenüber 33 im ersten Halbjahr 2023. Diese Zahlen stammen aus einer Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der fraktionslosen Landtagsabgeordneten Eva Maria Schneider-Gärtner zu den Auswirkungen des Hamas-Angriffs auf Israel am 7. Oktober 2023 in Mecklenburg-Vorpommern. Von den 46 ermittelten Tatverdächtigen besaß nur eine Person keine deutsche Staatsbürgerschaft.
Auch bundesweit ist die Situation alarmierend. Das Bundeskriminalamt (BKA) registrierte im dritten Quartal 2024 vorläufig 502 antisemitische Straftaten, darunter 20 Gewalttaten mit 24 Verletzten, wie ZEIT ONLINE am 4. November 2024 berichtete. Es wird erwartet, dass diese Zahl durch Nachmeldungen noch deutlich ansteigt. Im zweiten Quartal 2024 stieg die Zahl der zunächst gemeldeten 715 Straftaten nachträglich auf 1.389 an. Ähnlich verhielt es sich im dritten Quartal 2023: Von anfänglich 540 gemeldeten Fällen stieg die Zahl letztlich auf 1.028. Die Linken-Bundestagsabgeordnete Petra Pau äußerte sich gegenüber der Rheinischen Post besorgt über die anhaltende Problematik und das hohe Gewaltpotenzial.
Die Zunahme antisemitischer Straftaten nach dem Hamas-Angriff auf Israel im Oktober 2023 wird auch von anderen Stellen bestätigt. Die Tagesschau berichtete am 29. November 2023, dass der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (RIAS) zwischen dem 7. Oktober und dem 9. November 2023 insgesamt 994 antisemitische Vorfälle dokumentierte – das entspricht durchschnittlich 29 Vorfällen pro Tag und ist mehr als viermal so hoch wie der Jahresdurchschnitt 2022. Zu den Vorfällen zählten unter anderem drei Fälle extremer Gewalt, 29 Angriffe und 72 Sachbeschädigungen. Jüdinnen und Juden waren besonders in ihrem Alltag betroffen, beispielsweise in der Nachbarschaft, am Arbeitsplatz oder an Hochschulen.
Der Mediendienst Integration beleuchtet die Komplexität des Antisemitismus in der Migrationsgesellschaft. Während oft junge Menschen mit arabischem Migrationshintergrund im Fokus der Öffentlichkeit stehen, betont der Mediendienst, dass Antisemitismus ein gesamtgesellschaftliches Problem darstellt, dem unabhängig von Herkunft und Motivation entgegengewirkt werden muss. Empirische Studien zeichnen ein differenzierteres Bild als die oft verbreitete These eines „importierten Antisemitismus“. Repräsentative Meinungsumfragen zeigen, dass ein erheblicher Teil der Gesamtbevölkerung antisemitischen Einstellungen zuneigt.
Statista bietet weitere statistische Daten zum Thema. Im Jahr 2023 wurden in Deutschland rund 5.160 antisemitische Delikte polizeilich erfasst, ein deutlicher Höchstwert. Die Zahl der Gewalttaten stieg auf 148. Der starke Anstieg im Jahr 2023 wird unter anderem auf den erneuten Ausbruch des Nahostkonflikts zurückgeführt.
Die Grünen im Bayerischen Landtag berichten von einem Rekordniveau antisemitischer Straftaten im Jahr 2023 mit 589 Delikten, darunter 15 Gewalttaten. Der starke Anstieg im letzten Quartal 2023 wird auf die Reaktionen auf den Terrorangriff der Hamas auf Israel zurückgeführt. Die Grünen fordern unter anderem eine Reform der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) zur besseren Erfassung israelbezogenen Antisemitismus.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) veröffentlichte ein Lagebild zum Antisemitismus, das die Entwicklungen in den Jahren 2022 und 2023 analysiert. Demnach trugen die Coronapandemie und der Krieg im Nahen Osten zur zunehmenden Sichtbarkeit von Antisemitismus bei. Extremisten aller Art instrumentalisieren den Krieg und nutzen Antisemitismus für ihre Zwecke. Die Bedeutung des digitalen Raumes für die Verbreitung antisemitischer Inhalte ist weiter gestiegen.
Quellen: