Die Grenzen zwischen Arbeitszeit und Freizeit verschwimmen zunehmend. Wann Bereitschaftsdienste, Rufbereitschaft oder die Bearbeitung von E-Mails nach Feierabend tatsächlich als Arbeitszeit gelten, ist eine Frage, die viele Beschäftigte und Arbeitgeber gleichermaßen beschäftigt. Ein aktueller Fall vor dem Oberverwaltungsgericht Münster, über den die FAZ berichtete, verdeutlicht die Komplexität dieser Thematik. Dort ging es um die Frage, ob die 24-Stunden-Alarmbereitschaft von zwei Feuerwehrmännern als vergütungspflichtige Arbeitszeit einzustufen ist (OVG Münster, Urteile vom 30.09.2024 - 6 A 856/23 und 6 A 857/23).
Die ständige Erreichbarkeit durch Smartphones und Laptops trägt maßgeblich dazu bei, dass die Trennung zwischen Beruf und Privatleben schwieriger wird. Während einige die Flexibilität schätzen, die durch die neuen Technologien ermöglicht wird, fühlen sich andere durch den ständigen Druck, erreichbar sein zu müssen, belastet. Die Frage, ob die bloße Bereitschaft zur Arbeit bereits als Arbeitszeit zählt, hängt von verschiedenen Faktoren ab.
Ein wichtiger Aspekt ist der Grad der Einschränkung der Freizeit. Kann der Arbeitnehmer während der Bereitschaft seinen privaten Aktivitäten uneingeschränkt nachgehen oder ist er durch Vorgaben des Arbeitgebers in seiner Bewegungsfreiheit oder seinen Möglichkeiten, seine Freizeit zu gestalten, eingeschränkt? Je stärker die Einschränkungen, desto eher ist die Bereitschaft als Arbeitszeit zu werten.
Auch die Häufigkeit und Dauer der Bereitschaftsdienste spielen eine Rolle. Regelmäßige und lange Bereitschaftszeiten, die die Erholung des Arbeitnehmers beeinträchtigen, sprechen eher dafür, diese als Arbeitszeit anzurechnen. Ein gelegentlicher Bereitschaftsdienst, der nur selten in Anspruch genommen wird, dürfte hingegen eher als Freizeit gelten.
Die Rechtsprechung orientiert sich an den konkreten Umständen des Einzelfalls. Pauschale Regelungen sind daher schwierig. Wie der Fall der Feuerwehrmänner zeigt, müssen Gerichte die individuellen Bedingungen der Bereitschaftsdienste genau prüfen, um zu einer gerechten Entscheidung zu gelangen.
Die Diskussion um die Abgrenzung von Arbeitszeit und Freizeit wird auch in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Die fortschreitende Digitalisierung und die damit verbundene ständige Erreichbarkeit erfordern klare Regelungen, um die Rechte der Arbeitnehmer zu schützen und gleichzeitig die Flexibilität der Arbeitswelt zu erhalten. Wie Prof. Dr. Michael Fuhlrott in einem LinkedIn-Beitrag ausführt, ist das Thema komplex und erfordert eine sorgfältige Abwägung der verschiedenen Interessen.
Auch die Frage des Drogenkonsums in der Freizeit und dessen Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis wurde im Zusammenhang mit der Abgrenzung von Arbeit und Freizeit diskutiert, wie ein Beitrag im Brummionline-Forum zeigt. Dort wurde die fristlose Kündigung eines Lkw-Fahrers wegen Drogenkonsums in der Freizeit thematisiert.
Die Kolumne "Mein Urteil" in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) behandelt regelmäßig arbeitsrechtliche Fragen und bietet Orientierung in diesem komplexen Feld. Auch die Frage der einseitigen Vorgabe von Bonus-Zielen durch den Arbeitgeber wurde dort bereits thematisiert (siehe X/Twitter Beitrag von @FAZ_NET).
Quellen: