26.10.2024
Bauen für die Zukunft Innovatives Wohnprojekt in Berlin setzt auf Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft

Einfach zu bauen, das sagt sich leicht, aber ist in Wirklichkeit oft schwer. Die Mitglieder der Baugruppe Südkreuz in Berlin können dazu einiges erzählen. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) am 26. Oktober 2024 berichtete, hat sie ausgerechnet ihr ehrgeiziges Ziel, das sieben Stockwerke hohe Haus so zu bauen, dass sich die Baustoffe später ohne Probleme voneinander trennen und wiederverwerten lassen, leichter erreicht als manch anderes. Nicht zuletzt das Land Berlin mit seinen vielen Vorgaben stellte die Baugruppe vor herausfordernde Aufgaben. „Das war alles ziemlich kompliziert“, sagte Martin Backhaus im Rückblick gegenüber der FAZ.

Der 75 Jahre alte Ingenieur im Ruhestand bewohnt mit seiner Frau Ulla eine der 13 Eigentumswohnungen im Haus der Baugruppe. Von dort sind es nur ein paar Minuten zu Fuß bis zum Bahnhof Südkreuz. Als das Ehepaar vor gut zwei Jahren in die neue Wohnung einzog, befanden sich viele Häuser in der Nachbarschaft noch im Bau. Der grüne Innenhof, den die Häuser des Blocks bilden und von dem ein kleiner Teil nur der Baugruppe gehört, war da längst noch nicht angelegt.

Ulla und Martin Backhaus waren von Anfang an bei der Planung des Holz-Hybrid-Hauses dabei. Die vielen Anforderungen waren komplex, sagen sie.

Neben den 13 Eigentumswohnungen beherbergt das Gebäude drei weitere Wohnungen, die durch Fördermittel ermöglicht wurden. Zusätzlich finden sich im Haus zwei Gewerbeeinheiten, die für die Bewohner des Kiezes zugänglich sind, sowie eine Gästewohnung. Diese Kombination aus Eigentums- und geförderten Wohnungen sowie die Integration von Gewerbeflächen und Gemeinschaftsräumen spiegelt den Anspruch der Baugruppe wider, bezahlbaren Wohnraum in einem lebendigen und vielfältigen Umfeld zu schaffen.

Besonders hervorzuheben ist die Bauweise des Hauses. Die Verwendung einer Holz-Hybrid-Konstruktion, bei der Beton und Holz miteinander kombiniert werden, ermöglicht nicht nur eine nachhaltige Bauweise, sondern bietet auch gestalterische Freiheiten. Die Fassade des Gebäudes besteht aus einer vorgehängten Lärchenholzverschalung, die dem Haus ein warmes und natürliches Aussehen verleiht. Die Entscheidung für Holz als Fassadenmaterial ist nicht nur aus ästhetischen Gründen gefallen, sondern auch aufgrund der guten ökologischen Eigenschaften des Materials. Holz ist ein nachwachsender Rohstoff, der CO2 bindet und somit einen Beitrag zum Klimaschutz leistet. Darüber hinaus sorgt die Verwendung von Holz für ein angenehmes Raumklima und trägt zu einer hohen Wohnqualität bei.

Die Baugruppe Südkreuz hat mit ihrem Projekt gezeigt, dass innovatives und nachhaltiges Bauen auch im städtischen Kontext möglich ist. Das Haus ist ein Beispiel dafür, wie man mit begrenzten Ressourcen und unter Berücksichtigung ökologischer Aspekte hochwertigen und bezahlbaren Wohnraum schaffen kann.

Herausforderungen im Planungsprozess

Der Weg zu diesem außergewöhnlichen Wohnprojekt war jedoch nicht immer einfach. Im Rahmen eines Konzeptverfahrens der Stadt Berlin musste sich die Baugruppe Südkreuz gegen andere Bewerber durchsetzen. Die Herausforderung bestand darin, die vielfältigen Anforderungen des B-Plans und der Gestaltungssatzung mit den eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen in Einklang zu bringen. So musste beispielsweise ein bestimmter Anteil an geförderten Wohnungen realisiert werden, und es galt, hohe Schallschutzanforderungen aufgrund der Nähe zum Sachsendamm zu erfüllen.

Die intensive Auseinandersetzung mit diesen Herausforderungen hat sich jedoch gelohnt. Durch die enge Zusammenarbeit der Baugruppenmitglieder untereinander und mit den Architekten ist ein Gebäude entstanden, das nicht nur durch seine Architektur und Nachhaltigkeit besticht, sondern auch durch ein hohes Maß an Gemeinschaftssinn und sozialer Verantwortung geprägt ist.

Lebenszyklusgerechtes Bauen - Ein Gebäude als Materiallager

Ein zentrales Anliegen der Baugruppe Südkreuz war es, ein Gebäude zu schaffen, das nicht nur den heutigen Bedürfnissen gerecht wird, sondern auch für zukünftige Generationen flexibel nutzbar bleibt. Unter dem Leitgedanken "Lebenszyklusgerechtes Bauen" wurde das Haus so konzipiert, dass es sich den sich wandelnden Lebensumständen seiner Bewohner anpassen kann.

Im Fokus stand dabei die Idee, das Gebäude als "Materiallager" zu begreifen. Anstatt Baumaterialien nach Ende der Nutzungsdauer zu entsorgen, sollen diese im Sinne der Kreislaufwirtschaft möglichst lange im Umlauf gehalten und wiederverwendet werden. Um dies zu ermöglichen, wurde der Innenausbau der Wohnungen als trockene und verbundstofffreie Konstruktion aus nachwachsenden Rohstoffen ausgeführt. Die einzelnen Bauteile sind so konzipiert, dass sie sich leicht demontieren, austauschen oder an anderer Stelle wiederverwenden lassen.

Dieses innovative Konzept ermöglicht es den Bewohnern, ihre Wohnungen jederzeit an ihre individuellen Bedürfnisse anzupassen, ohne dabei Kompromisse bei der Nachhaltigkeit einzugehen. Das Ausbauhaus Südkreuz ist somit ein Vorzeigeprojekt für zukunftsweisendes Bauen, das ökologische, soziale und ökonomische Aspekte gleichermaßen berücksichtigt.

Quellen

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