19.10.2024
Die Bedeutung von Dankbarkeit und Lebensmittelwissen für Kinder

Wenn Kinder zehn, elf Jahre alt sind, können sie es kaum glauben, aber im Kindergarten gibt es tatsächlich Kinder, die nicht wissen, woher das Mehl oder Brot oder Pommes Frites oder Wurst eigentlich kommen. Und es werden immer mehr. Das liegt daran, dass die meisten Menschen ihre Lebensmittel im Supermarkt kaufen und dass viele Sachen, die wir essen, schon ziemlich fertig vorbereitet und stark verändert worden sind. Aber selbst wer weiß, dass Brot größtenteils aus Mehl gemacht wird und Pommes Frites aus Kartoffeln sind, muss nicht unbedingt schon gelernt haben, dass Mehl wiederum aus Körnern gemahlen wird, die an Halmen auf Feldern wachsen, oder dass Kartoffeln unter der Erde wachsen und beim Ernten erst noch ausgegraben werden müssen. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet, ist es wichtig, Kindern die Herkunft unserer Lebensmittel näher zu bringen.

Am 2. Oktober 2022 war Erntedank. In vielen Teilen der Welt werden Erntefeste gefeiert, im christlichen Europa als Erntedankfest, seit über anderthalb Jahrtausenden. Es hat für Kinder eine große Anziehungskraft und ist ihrer Lebenswirklichkeit doch fremd geworden. Ährenkränze wirken wie ein Symbol von einem anderen Stern. Ihnen heute noch vom Bauern zu erzählen, der das Obst pflückt, das Getreide mahlt und die Kuh melkt, grenzt an Lüge. Aber können Fotobücher vom Hightech-Bauernhof erklären, dass es doch Grund gibt, dankbar zu sein?

Es ist nicht selbstverständlich, genug zu Essen und zu Trinken zu haben. Kinder in Mitteleuropa verstehen das, aber unbedingt nachvollziehbar ist es für sie deshalb noch nicht. Geschichten, die ihnen das Thema näherbringen, handeln entweder von früher oder spielen zumindest woanders.

Auch wenn es jedem Kind so scheint: Das Essen ist eben nicht selbstverständlich. Dafür Dankbarkeit zu empfinden, ist ein alter Brauch. Sinnvoll ist er gerade heute, weil so viel Existenzielles vergessen wurde. Der Blick in den Schrebergarten macht es klar: Was ist in diesem Jahr gewachsen und was nicht, was haben die Schnecken gefressen, was hat die Sonne verbrannt? Doch auch wenn alles, was gesät und gepflanzt wurde, auch reif geworden wäre: Die Ernte wäre in jedem Fall für die Familie zu wenig gewesen, und man kann froh sein, dass es mehr und größere Gärten gibt.

Aber wem sollen wir für die Lebensmittel unseres Alltags danken – globalen Lebensmittelkonzernen wie Coca Cola oder Nestlé? Dem Landwirt, den wir noch nie gesehen haben? Wer an Gott glaubt, richtet seinen Dank an ihn. Doch auch wer an keinen Gott glaubt, kann sich in Erinnerung rufen, wie abhängig wir davon sind: Das ist der Anfang für Dankbarkeit, auch wenn wir wissen, dass sie nicht so sehr am Regen hängt, sondern an Erdöl und einem intakten Ökosystem.

Aber Dankbarkeit bedeutet eigentlich noch mehr: ein seltenes und tiefes Glück, das nicht käuflich ist und aus dem Empfinden herkommt, dass jemand meine Hoffnung und einen Mangel mit einem Geschenk beantwortet, ohne dass er das tun müsste – und zwar aus Liebe heraus. Es ist nicht ganz leicht, das einem Kind zu erklären. Aber man kann es ihm schenken.

Quelle: FAZ.NET

Quelle: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/familie/wie-erklaere-ich-s-meinem-kind/kindern-erklaert-warum-es-ein-erntedankfest-gibt-13833752.html

Quelle: https://player.fm/series/faz-wie-erklare-ichs-meinem-kind/was-ein-erntedankfest-ist

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