8.11.2024
Bildung im digitalen Zeitalter Herausforderungen und Chancen der Generation Tiktok

Wie ungebildet ist die Generation Tiktok?

Im Sommer nach dem schriftlichen Teil des ersten Staatsexamens saßen wir, eine Gruppe von Freunden, entspannt im Schlossgarten von Münster. Die Erleichterung war spürbar. Doch mitten in dieser unbeschwerten Atmosphäre entpuppte sich eine Wissenslücke, als ein Freund beim Betrachten des Schlosses, dem Wahrzeichen der Stadt und Universität, nach der Epoche zwischen Reformation und industrieller Revolution fragte und sie selbstbewusst mit "Absolutismus" beantwortete.

Ein weiteres Beispiel ereignete sich Monate später in der Mensa. Bei der Diskussion über Famulaturen und die Schweiz, die Famulanten bezahlt, zeigte sich, dass eine Kommilitonin kaum Kenntnisse über das politische System der Schweiz oder deren Rolle in Europa hatte. Auch Vergleiche mit der Bundesrepublik Deutschland stießen auf Unverständnis und deckten weitere Wissenslücken auf. Ihre unbefangene Art Fragen zu stellen, ließ mich meine Ausführungen jedoch als nebensächliche Spezialkenntnisse darstellen.

Diese Anekdoten sollen weder belustigen noch anklagen. Es geht mir nicht darum, meine Freunde oder meine Generation zu verunglimpfen. Es ist ein weit verbreitetes Phänomen, dass ältere Generationen sich über die vermeintliche Unbildung der "Generation Tiktok" lustig machen. Doch wo liegt der Humor, wenn jungen Menschen, die ihr Abitur erfolgreich abgeschlossen haben, grundlegende historische Epochen nicht bekannt sind oder sie Schwierigkeiten haben, zwischen Exekutive und Legislative zu unterscheiden?

Ich empfinde keine Schadenfreude, sondern Traurigkeit darüber, dass vielen jungen Menschen ein solider historischer, politischer und kultureller Bezugsrahmen fehlt. Wer dies belustigend findet, unterschätzt möglicherweise das Ausmaß des Problems und hält Fälle wie den der Grünen-Politikerin Emilia Fester, deren Wissenslücken im Gespräch mit Mirko Drotschmann ("MrWissen2Go") offensichtlich wurden, für eine Ausnahme. Ich behaupte jedoch, dass ihr Bildungsstand dem Durchschnitt unserer Generation entspricht.

Ich möchte mich nicht von dieser Gruppe distanzieren. Auch ich erkenne Wissenslücken bei mir selbst. Es geht mir darum, die Frage nach dem Zustand der Bildung kritisch zu beleuchten. Die Ursachen sind vielfältig und reichen von der Informationsflut im digitalen Zeitalter über die Fokussierung auf Prüfungsinhalte bis hin zu gesellschaftlichen Veränderungen. Die Schnelllebigkeit von Plattformen wie Tiktok, die zwar unterhaltsam sind, aber oberflächliche Informationen liefern, trägt sicherlich dazu bei, dass fundiertes Wissen oft vernachlässigt wird.

Die Frage nach der Bildung der "Generation Tiktok" ist komplex. Es ist nicht nur eine Frage des individuellen Wissens, sondern auch der Art und Weise, wie wir mit Informationen umgehen. Die Fähigkeit, kritisch zu denken, Informationen zu filtern und einzuordnen, ist wichtiger denn je. Es geht nicht darum, alles zu wissen, sondern darum, zu wissen, wo man verlässliche Informationen findet und wie man sie bewertet. Die Herausforderung besteht darin, die Vorteile der digitalen Welt zu nutzen, ohne die Bedeutung fundierten Wissens zu vernachlässigen. Eine differenzierte Betrachtungsweise ist notwendig, die sowohl die Stärken als auch die Schwächen der "Generation Tiktok" berücksichtigt.

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