19.10.2024
Bilanz und Zukunftsvision: Lehren aus dem Afghanistan-Einsatz für Deutschlands Rolle in der Welt
Der Bundestag befasst sich intensiv mit den Lehren aus dem zwanzigjährigen Afghanistan-Einsatz, wie aus dem Zwischenbericht der Enquete-Kommission hervorgeht. Die Kommission, die sich aus zwölf Abgeordneten und zwölf Sachverständigen zusammensetzt, wurde eingesetzt, um das deutsche Engagement in Afghanistan von 2001 bis 2021 zu untersuchen. Ihr Ziel ist es, Empfehlungen für die Zukunft zu erarbeiten und zu überprüfen, ob die damalige Strategie der richtige Ansatz war. Die Kommission unter dem Vorsitz des SPD-Politikers Michael Müller kam zu dem Schluss, dass die Mission in Afghanistan weitgehend gescheitert ist, insbesondere wenn man sie an dem Ziel misst, ein anderes Afghanistan zu schaffen. Die Kommission betonte, dass die Ziele der internationalen Gemeinschaft nicht gut genug aufeinander abgestimmt und oft unrealistisch waren. In dieser Hinsicht wird ein Mangel an Selbstkritik und Fehlerkultur festgestellt. Die Sprecherin der Enquete-Kommission, Derya Türk-Nachbaur, hebt hervor, dass Deutschland als verlässlicher Verbündeter Fortschritte in den Bereichen Infrastruktur, Gesundheit und Bildung erzielt hat, von denen insbesondere Mädchen und Frauen profitierten. Trotzdem bleibt das Gesamtbild ernüchternd, und die Kommission sieht die Notwendigkeit, aus den Fehlern zu lernen und Vorschläge für Verbesserungen zu entwickeln. Hierbei soll insbesondere das zivile Engagement Deutschlands, wo es bereits international als Vorreiter gilt, weiter gestärkt und die Verzahnung von zivilen und militärischen Maßnahmen verbessert werden. Die Kommission hat fraktionsübergreifend gearbeitet, um Fehler und Versäumnisse zu identifizieren. Der Bericht, der auch positive Entwicklungen benennt, dient als Grundlage für die weitere Arbeit der Kommission. Im zweiten Teil des Berichts sollen konkrete Handlungsempfehlungen für das zukünftige außen- und sicherheitspolitische Engagement Deutschlands formuliert werden. Die Herausforderungen, die sich aus dem Einsatz ergeben haben, sind vielfältig. Neben den bereits genannten Aspekten der Abstimmung und Zielsetzung, wurden auch das Fehlen eines Gesamtbildes über die Lage vor Ort und die Problematik der nachhaltigen Staatlichkeit in Afghanistan betont. Experten weisen auf die Notwendigkeit hin, für künftige Einsätze klare Ziele, Kontrolle und Transparenz zu etablieren, um ein strategisches Scheitern zu verhindern. Zudem wird darauf hingewiesen, dass umfassende Ambitionen ohne eine klare Exitstrategie problematisch sind. Die Enquete-Kommission betont, dass für die Zukunft eine stärkere Vernetzung der verschiedenen Akteure und Maßnahmen als Lehre aus Afghanistan dienen sollte. Dies umfasst die Koordination militärischer, polizeilicher, diplomatischer, entwicklungspolitischer und humanitärer Instrumente im Rahmen internationaler Friedensmissionen. Der Zwischenbericht zeigt auf, dass es an einer einheitlichen Strategie und klaren Zielvorgaben mangelte. Die Kommission arbeitet daran, die gewonnenen Erkenntnisse in konkrete Vorschläge umzusetzen, um Deutschlands Rolle in internationalen Krisenregionen zu optimieren. Der finale Bericht der Enquete-Kommission, der dem Parlament bis zum Ende der Wahlperiode vorgelegt werden soll, wird erwartet, weiterführende Lösungsansätze für eine effektive und vernetzte Außen- und Sicherheitspolitik zu beinhalten. Der Afghanistan-Einsatz war eine der längsten und kostspieligsten Missionen der Bundeswehr. Der Zwischenbericht der Enquete-Kommission verdeutlicht, dass der Einsatz nicht nur militärisch, sondern auch in Bezug auf den Wiederaufbau und die Entwicklungszusammenarbeit eine Vielzahl an Herausforderungen mit sich brachte. Die Kommission setzt sich dafür ein, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und künftige Einsätze effizienter und zielgerichteter zu gestalten. Für die Bundesregierung, das Parlament und die beteiligten Akteure bietet der Bericht eine wichtige Grundlage für eine umfassende Aufarbeitung des Einsatzes und eine Gelegenheit, die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik neu zu justieren. In einer Welt, in der Konflikte und Krisen nicht abnehmen, sondern in ihrer Komplexität zunehmen, ist es umso wichtiger, aus der Vergangenheit zu lernen und zukünftige internationale Einsätze besser zu planen und umzusetzen.
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