19.10.2024
Bundeswehr unter Druck: Analyse zur Dringlichkeit der Aufrüstung

Bundeswehrbestände: Institut warnt vor langsamer Aufrüstung

Die Bundeswehr steht vor erheblichen Herausforderungen, insbesondere im Kontext der aktuellen sicherheitspolitischen Lage in Europa. Angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat das Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel eine besorgniserregende Analyse veröffentlicht, die auf die langsame Aufrüstung der Bundeswehr hinweist. Guntram Wolff, ein führender Vertreter des Instituts, äußerte sich kritisch zu den Fortschritten in der militärischen Aufrüstung Deutschlands und betonte, dass Russland eine immer größere Sicherheitsbedrohung für die NATO darstellt.

Langsame Aufrüstung trotz steigender Bedrohungen

Die Bestände der Bundeswehr sind seit 2021 kontinuierlich gesunken und steigen nur sehr langsam. Das IfW fordert daher eine sofortige und signifikante Erhöhung der deutschen Verteidigungsausgaben auf mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Diese Forderung wird als notwendig erachtet, um den aktuellen Herausforderungen gerecht zu werden. Wolff warnte, dass ein „Weiter-so-wie-bisher“ angesichts der russischen Aggression als fahrlässig und verantwortungslos angesehen werden müsse.

Aktuell wird das Zwei-Prozent-Ziel der NATO erreicht, indem auch die Ausgaben aus dem Sondervermögen für die Bundeswehr einbezogen werden. Dies wirft Fragen zur Nachhaltigkeit und Ernsthaftigkeit der deutschen Verteidigungspolitik auf.

Militärbeschaffungen und deren Auswirkungen

Ein zentraler Punkt in der Analyse des IfW ist die Dokumentation der Militärbeschaffungen. Laut dem aktuellen „Kiel Report“ hat Deutschland seit 2023 Bestellungen im Wert von rund 90 Millionen Euro getätigt. Diese Bestellungen sind jedoch nicht ausreichend, um die an die Ukraine abgegebenen Waffen zu ersetzen. Insbesondere bei Luftverteidigungssystemen und mobilen Abschusseinheiten wie Artillerie-Haubitzen ist der Bestand sogar rückläufig.

Die Bundesregierung hat es derzeit nur knapp geschafft, die abfließenden Waffen zu ersetzen, was die Dringlichkeit einer effektiveren Beschaffungspolitik unterstreicht. Der Kiel Report dokumentiert alle veröffentlichten deutschen Militärbeschaffungen seit 2020 und zeigt auf, dass die Bestände in den letzten zwei Jahrzehnten erheblich gesunken sind.

Vergleich der Bestände über die Jahre

Im Jahr 2004 verfügte Deutschland über etwa 434 Kampfflugzeuge, 2.398 Kampfpanzer und 978 Haubitzen. Diese Zahlen sind bis 2021 drastisch gesunken, mit nur noch 226 Flugzeugen, 339 Panzern und 121 Haubitzen. Prognosen zeigen, dass es bei dem aktuellen Beschaffungstempo viele Jahre dauern wird, bis die Bestände wieder auf das Niveau von 2004 zurückkehren. So wird geschätzt, dass es rund 15 Jahre für Kampfjets, 40 Jahre für Kampfpanzern und sogar bis ins Jahr 2121 für Haubitzen dauern könnte, um die 2004er Bestände zu erreichen.

Ursachen für die langsame Aufrüstung

Die langsame Aufrüstung wird sowohl auf die drastische Abrüstung der vergangenen Jahrzehnte als auch auf die gegenwärtig unzureichenden Aufrüstungsmaßnahmen der Ampelregierung zurückgeführt. Moritz Schularick, Präsident des IfW, kritisierte die aktuelle Rhetorik der „Zeitenwende“ als unzureichend und betonte, dass Frieden nur dann erreicht werden könne, wenn Russland versteht, dass ein militärischer Sieg in Europa unmöglich ist.

Schularick forderte ein angemessenes Verteidigungsbudget von mindestens 100 Milliarden Euro pro Jahr, um Deutschland und Europa glaubhafte militärische Fähigkeiten zu verleihen. Dies sei entscheidend, um den Herausforderungen der gegenwärtigen sicherheitspolitischen Lage gerecht zu werden.

Fazit und Ausblick

Die Analyse des IfW zeigt deutlich, dass Deutschland vor einer erheblichen Herausforderung steht, wenn es darum geht, die militärischen Fähigkeiten zu stärken und die Bestände der Bundeswehr zu erhöhen. Angesichts der sich verändernden sicherheitspolitischen Landschaft ist es unerlässlich, dass die Bundesregierung schnell und entschlossen handelt, um die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands zu sichern. Die Forderungen nach höheren Verteidigungsausgaben und einer effektiveren Beschaffungspolitik sind nicht nur notwendig, sondern auch drängend, um den aktuellen und zukünftigen Bedrohungen angemessen begegnen zu können.

Die Situation erfordert eine kritische Neubewertung der deutschen Verteidigungspolitik und eine klare Strategie zur Stärkung der Bundeswehr, um die Sicherheit Deutschlands und Europas langfristig zu gewährleisten.

Quellen: Zeit Online, WirtschaftsWoche, Kurier, Mindener Tageblatt.

Weitere
Artikel