Die 92-jährige Charlotte Knobloch, Holocaust-Überlebende und ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, hat ihre erste Vorlesung als Gastprofessorin an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf gehalten. Wie die Zeit (Zeit Online, 31.10.2024) berichtet, sprach sie im größten Hörsaal der Universität eindrücklich über die aktuellen Ängste jüdischer Menschen in Deutschland.
„Wir erleben, wie unser Fundament unterspült wird. Wir erleben den Hass gegen jüdische Menschen“, zitiert die dpa (Zeit Online, 31.10.2024) Knobloch. Für viele Juden sei die einzige Möglichkeit, ein unbeschwertes Leben zu führen, ihr Jüdischsein nicht erkennbar zu machen. Knobloch, die seit fast 40 Jahren Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern ist, möchte die Gastprofessur als „lautes Nachdenken“ über Deutschland, ihr Selbstverständnis und das Leben jüdischer Bürgerinnen und Bürger nutzen.
In ihrer Vorlesung schilderte Knobloch ihren Lebensweg: vom sechsjährigen Kind, das seine Heimat verlor, über das 16-jährige Mädchen, das dem Land entfliehen wollte, bis zur 74-Jährigen, die als Zentralratsvorsitzende die neue Münchener Hauptsynagoge eröffnete. Ein Weg, der auf Normalität hoffen ließ. Doch die judenfeindlichen Vorfälle der vergangenen Jahre hätten das mühsam aufgebaute Vertrauen der jüdischen Bevölkerung erschüttert, so Knobloch.
Knobloch identifizierte vier Gegenspieler des jüdischen Lebens: Israel-Hass, den neuen alten Rechtsextremismus, „vermeintliche Experten, die für billigen Applaus beide Probleme gegeneinander ausspielen“ und die Gleichgültigkeit vieler Menschen gegenüber diesen Entwicklungen. Diese Entwicklungen seien eine enorme Belastung für die jüdische Bevölkerung, so Knobloch. „Das ist das Gegenteil von 'Nie wieder'“, wird sie von der dpa zitiert (Zeit Online, 31.10.2024). Es brauche Mut, dieses Land als Heimat für alle zu bewahren.
Anja Steinbeck, Rektorin der Heinrich-Heine-Universität, betonte die Bedeutung von Charlotte Knoblochs Gastprofessur. Knobloch verkörpere Werte wie Weltoffenheit und Toleranz, die der Universität besonders wichtig seien. Angesichts der aktuellen politischen Entwicklungen könne man nicht genug gegen das Vergessen tun, so Steinbeck. Die Heinrich-Heine-Gastprofessur, ein Geschenk des Landes Nordrhein-Westfalen aus dem Jahr 1988, wird an Persönlichkeiten vergeben, die sich in besonderer Weise um Toleranz, Freiheit und Menschenwürde verdient gemacht haben. Zu den bisherigen Inhabern der Gastprofessur zählen unter anderem Helmut Schmidt, Juli Zeh, Wolf Biermann, Joschka Fischer, Joachim Gauck und Campino. Die zweite Vorlesung von Charlotte Knobloch ist für den 11. Februar 2025 geplant.
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